Gehaltsverhandlung: So gehen Sie sie richtig an

Gehaltsverhandlung: So gehen Sie sie richtig an

Berufsleben | 14.04.2023

Über Geld redet man nicht. Aber warum eigentlich nicht? Denn Arbeitnehmer erbringen regelmäßig und manchmal über die Anforderungen hinaus Leistungen, die entsprechend vergütet gehören. Eine Gehaltsverhandlung ist deshalb mehr als angebracht und muss gar nicht kompliziert sein. Tipps für den Weg zur Gehaltserhöhung erhalten Sie in diesem Artikel.

Das Gehaltsgespräch: Wirklich eine Gratwanderung?

Zu den schwierigsten Punkten in Vorstellungs- und Mitarbeitergesprächen gehört sicherlich die Gehaltsverhandlung oder die Bitte um eine Gehaltserhöhung. Arbeitnehmer tun sich oftmals schwer, ihre Leistung einzuschätzen und trauen sich nicht immer ihre Vorstellungen und Wünsche einer adäquaten Vergütung zu äußern. Oder sie verlangen viel zu viel und verspielen sich damit die Chance auf die potenzielle Traumstelle.

Dabei ist eine Gehaltsverhandlung gar nicht so schwer, wenn ein paar Kommunikationsregeln befolgt und übertriebene Erwartungen und unangebrachte Forderungen zurückgestellt werden.

Lohnenswerte Herausforderung

Langjährige Mitarbeiter wissen in der Regel, wo der Hase langläuft. Sie sind sich ihrer Kompetenzen und ihrer Arbeitsleistung bewusst und wissen um ihr Standing im Unternehmen. Trotzdem tun sich auch erfahrene Arbeitnehmer oft noch schwer, eine Verhandlung zur Anpassung ihres Gehalts professionell und auf Augenhöhe anzuvisieren. Was wird der Chef denken, wie wird er reagieren und verliere ich womöglich meine gute Position? Die Herausforderung liegt im Grunde nur darin, den richtigen Zeitpunkt zu finden.

Wann sich eine Gehaltsverhandlung wirklich lohnen kann

Das richtige Timing für die Frage nach einer Gehaltserhöhung kann sein, wenn:

  • ein Projekt erfolgreich initiiert und durchgeführt wurde
  • zu den originären Aufgaben über einen längeren Zeitraum zusätzliche Aufgaben übernommen wurden, zum Beispiel die Einarbeitung von neuen Kollegen oder die wiederholte Vertretung der Geschäftsleitung
  • berufsbegleitend eine Weiterbildung erfolgreich absolviert wurde, die nutzbringend fürs Unternehmen ist
  • neben der regulären Tätigkeit regelmäßig Schulungen für die Qualifikation anderer Mitarbeiter gehalten werden
  • neue Kunden fürs Unternehmen gewonnen oder lukrative Aufträge an Land gezogen werden konnten
  • das Unternehmen in den letzten Monaten Gewinn erzielt hat und das Arbeitsklima entsprechend positiv ist 

Ab wann ist es angemessen, über das Gehalt zu verhandeln?

Im öffentlichen Dienst macht eine Gehaltsverhandlung wenig Sinn, denn hier wird nach Tarif entlohnt. Gehaltssteigerungen erfolgen entweder nach Aufstieg in höhere Positionen oder nach Erreichen der nächsten Gehaltsstufe.

Anders hingegen wird es in der freien Marktwirtschaft gehandhabt. Mitarbeiter haben die Möglichkeit, mit herausragenden Leistungen zu punkten und damit auf den finanziellen Rahmen ihres Gehalts teilweise einzuwirken. Aber wie können sie erfolgreich ein besseres Gehalt für sich aushandeln, ohne übers Ziel hinaus zu schießen?

Vorbereitung ist der Schlüssel zum Erfolg

Eine gute Vorbereitung ist das Fundament einer gelingenden Gehaltsanpassung. Dafür sollten Arbeitnehmer zunächst einmal realistisch reflektieren, was sie im letzten Jahr geleistet haben. Wie viel sie dann tatsächlich verlangen können, hängt vom eigenen Marktwert ab.

Folgende Faktoren sind ausschlaggebend, um den Marktwert richtig zu ermitteln und passend einzuschätzen:

  • Bildungshintergrund (Liegt ein Studienabschluss vor?)
  • Berufserfahrung (Kein Berufseinsteiger ist gleich Experte auf seinem Gebiet. Deshalb können Berufseinsteiger natürlich nicht gleich das Gehalt eines Top-Managers erwarten.)
  • Arbeitsort (In Regionen, wo der Arbeitsmarkt boomt, gehört es beinahe dazu, über das Gehalt regelmäßig zu verhandeln.)
  • Größe des Unternehmens (In Konzernen ist immer mehr möglich als in Kleinunternehmen mit überschaubarer Anzahl an Mitarbeitern. Dort gehören Gehaltsverhandlungen eher nicht zur Tagesordnung.)
  • Branche (In der Baubranche wird häufig nach Leistung bezahlt und nach längerer Zugehörigkeit das Gehalt angepasst in kleinen Schritten angepasst. In der IT oder im oberen Management finden Gehaltsverhandlungen hingegen öfter sogar in jährlichen Verhandlungsrunden statt.)

Tipp:
Zahlen schlagen jedes Gegenargument. Weil Chefs fast immer in Zahlen denken, können Arbeitnehmer damit am meisten überzeugen. Machen Sie Ihrem Chef einfach eine Rechnung auf. Wie viel Prozent Umsatzsteigerung haben Sie dem Unternehmen zuletzt gebracht? Wie viel Gehalt haben Sie aktuell? Wie viel mehr wollen Sie jetzt? Und wie viel mehr werden Sie dafür zukünftig leisten? Visualisieren die Rechnung am besten auf einem Blatt Papier oder einem Flipchart. Beweisen Sie Ihrem Chef, dass er mit einer Gehaltsanpassung ebenfalls profitieren wird.

Eine saubere Gehaltsverhandlung im Vorstellungsgespräch

Im Vorstellungsgespräch sollten sich Bewerber zunächst zurückhalten mit der Frage nach dem Gehalt. Erst im späteren Verlauf des Gesprächs kann die Vergütung berechtigterweise thematisiert werden.

Es ist durchaus üblich, dass Arbeitgeber nach einer Gehaltsvorstellung fragen. Entweder haben Sie diese bereits in der Bewerbung mitgeteilt, dann berufen Sie sich nochmal darauf. Oder Sie nennen einen ungefähren Wunschbetrag (jährliches Brutto) zwischen X bis Y, ohne sich dabei auf eine konkrete Zahl festzulegen. Lassen Sie Spielraum für weitere Verhandlungen offen.

Sind Sie Berufseinsteiger, können Sie das angemessene Gehalt für die angestrebte Position leicht im Internet finden. Bereiten Sie sich in jedem Fall gut vor. Wechseln Sie den Job, können Sie sich auf Ihr vorheriges Gehalt berufen. Sie müssen natürlich nicht genau sagen, was Sie verdient haben. Vielleicht kennen Sie jemanden in anderen Firmen, der einen ähnlichen beruflichen Background hat wie Sie? Oder Sie kennen einen Mitarbeiter des Unternehmens, in dem Sie sich vorstellen? Dann können Sie auf diesem Wege in Erfahrung bringen, was gezahlt wird. Vergleichen Sie am besten vor dem Gespräch, was andere Arbeitnehmer in derselben oder ähnlichen Positionen verdienen und nehmen Sie das als Anhaltspunkt.

Taktisch klug und diplomatisch über Gehaltsvorstellungen sprechen

Wer eine Gehaltserhöhung aushandeln möchte, sollte zuallererst beim Vorgesetzten um ein Mitarbeitergespräch bitten. Der Wunsch nach einer Gehaltsverhandlung sollte besser nicht zwischen Tür und Angel geäußert werden. Wer sich nicht traut, seinen Chef persönlich anzusprechen, kann das auch in einer E-Mail nett ausformulieren. Damit erhält der Chef sogar noch etwas Vorlaufzeit, um sich selbst vorzubereiten und darüber nachzudenken.

Der Ablauf eines Gehatltsgesprächs

Ein freundlicher Einstieg öffnet Türen und Möglichkeiten. Bedanken Sie sich für die Zeit, die sich Ihr Chef für Sie nimmt. Betonen Sie im dann, wie gern Sie für das Unternehmen arbeiten. Wenn Sie wollen, können Sie auch ein bisschen Smalltalk einwerfen, um die Gesprächsatmosphäre aufzulockern. Machen Sie das auch von der Zeit abhängig, die Ihnen Ihr Chef gewährt.

Kommen Sie nun zu Ihrem eigentlichen Anliegen. Begründen Sie, warum Sie Ihr Gehalt anpassen lassen wollen. Aber nennen Sie nicht gleich alle Fakten auf einmal, sondern heben Sie sich die starken Argumente auf. Vergessen Sie nicht, einen Betrag X zu nennen oder eine Prozentzahl, um wieviel Sie Ihr Gehalt gesteigert haben möchten.

Strategische und rhetorische Kniffe für die Verhandlung

Bleiben Sie selbstbewusst und scheuen Sie sich nicht, Ihre Vorstellungen und Wünsche zu äußern. Seien Sie dabei realistisch. Recherchieren Sie vorher, was in Ihrer Branche gezahlt wird und was möglich ist. Bringen Sie Ihre Gehaltsvorstellung geschickt ein. Fordern Sie nichts ein, was Ihnen eventuell nicht zusteht.

Gehen Sie mit stichhaltigen Argumenten in das Gespräch. Haben Sie zuletzt zusätzliche Aufgaben übernommen? Erfüllen Sie aktuell Aufgaben, die mehr Verantwortung erfordern? Gab es im letzten Jahr Erfolge zu verzeichnen, an denen Sie wesentlich beteiligt waren? Leisten Sie im letzten Jahr mehr und in welcher Form? Rechtfertigt das alles eine Anpassung Ihres Gehalts?

  • Gehen Sie zum Beispiel mit einer Frage in die Offensive:
    „Was muss ich tun und welche Aufgaben muss ich übernehmen, damit ich das Gehalt XY erhalte?“

  • Formulieren Sie positiv:
    „Ich möchte gern mehr fürs Unternehmen tun.“

  • Sprechen Sie nicht im Konjunktiv. Sagen Sie lieber direkt, was Sie möchten und bleiben Sie nicht schwammig in den Formulierungen.

  • Reden Sie langsam und machen Sie Pausen. Diese sorgen dafür, dass Ihre Argumente beim Chef wirken können.

  • Setzen Sie ein bisschen Pokerface auf!
    Fangen Sie lieber etwas höher an bei Ihrer Gehaltsvorstellung. Wenn Sie zu niedrig rangehen, wird sich der Arbeitgeber schnell darauf einlassen und Sie kommen aus der Nummer nicht mehr raus. Sie haben dann die Möglichkeit einer weiteren Verhandlung verspielt und müssen bei dem Angebot bleiben.

„Chef, ich brauch mehr Geld!“ So bitte nicht!

Was Sie in Gehaltsverhandlungen vermeiden sollten:

  • Unnötige Nervosität

Bleiben Sie entspannt. Üben Sie im Notfall Ihr Anliegen zu Hause mit einer anderen Person oder vor dem Spiegel. So trainieren Sie sich Sicherheit an und fokussieren sich auf das Wesentliche.

  • Nicht mit der Tür ins Haus fallen

Lassen Sie Ihrem Chef ausreichend Zeit, Ihren Gehaltswunsch und die Argumente dafür zu verdauen. Vereinbaren Sie also ein Gespräch im Vorab.

  • Nicht fordernd auftreten

Stellen Sie keine Forderungen. Eine Gehaltsanpassung ist keine Verpflichtung, sondern basiert auf gegenseitigem Geben und Nehmen.

  • Nicht zum Bittsteller werden

Versuchen Sie keineswegs, den Gehaltswunsch mit privaten Interessen oder finanziellen Engpässen zu begründen. Ihr Chef ist kein Kreditgeber! Beziehen Sie sich ausschließlich auf Ihr fachliches Können und Ihren Einsatz im Unternehmen.

  • Niemals unter Wert verkaufen

Nutzen Sie die Möglichkeiten des Internets und machen Sie sich schlau über Ihren Marktwert auf dem Arbeitsmarkt. Machen Sie selbstbewusst, dass Sie wissen, was Ihr Können wert ist.

  • Falsche Bescheidenheit

Haben Sie keine Scheu, Ihre Wünsche auszusprechen. Wer nichts wagt, kann nichts gewinnen. Ihr Vorgesetzter wird ein selbstsicheres Auftreten bestimmt zu schätzen wissen.

  • Unvorbereitet ins Gehaltsgespräch gehen

Reden Sie nicht um den heißen Brei herum und behalten Sie sich eine Zahl im Kopf, die Sie Ihrem Chef nennen können. Nur so kann er Ihnen auch eine Entscheidung mitteilen.

  • Emotionalität

Wenn der Vorgesetzte sich über den veränderten Gehaltswunsch not amused zeigt, ist das kein Grund zur Sorge. Vielleicht war es nicht der optimale Zeitpunkt. Machen Sie nicht den Fehler und lassen sich auf die emotionale Ebene ein. Bleiben Sie sachlich und sagen Sie etwas wie „Ich habe in den letzten Monaten folgendes viel geleistet. Allein deshalb wollte ich über eine Gehaltsanpassung sprechen.“

  • Nichts schriftlich fixieren

Wenn aktuell keine Gehaltserhöhung möglich ist, dann halten Sie die Ergebnisse Ihres Gesprächs trotzdem in einem Protokoll fest. So können Sie beim Gehaltsgespräch genau da ansetzen und Ihren Chef indirekt unter Zugzwang setzen.

Und wenn gar nichts geht?

Wenn Sie am Ende trotzdem eine Absage erhalten, dann akzeptieren Sie das freundlich. Entweder Sie haben beim nächsten Mal mehr Glück oder Sie denken grundsätzlich über einen Jobwechsel nach, wenn Sie Ihre Arbeitsleistung als nicht angemessen vergütet betrachten.

Eine andere Option ist: Wenn eine Gehaltserhöhung aus wirtschaftlichen Gründen nicht möglich ist, fragen Sie nach alternativen Leistungen. Kann der Arbeitgeber vielleicht einen Bonus zahlen? Wie sieht es mit Weihnachts- oder Urlaubsgeld aus? Werden Benefits oder Mitarbeiter-Rabatte angeboten? Was ist mit einem Dienstwagen oder Fahrtkosten?

Fazit: Eine erfolgreiche Verhandlung beginnt beim eigenen Check up

Es ist immer von Vorteil, zu wissen, was die eigene Arbeitsleistung wert ist. Unabhängig davon, ob Mitarbeiter in eine Gehaltsverhandlung gehen oder nicht, sollten sie sich über ihren Marktwert informieren. Denn der Arbeitsmarkt unterliegt immer wieder Schwankungen. Wer nicht up to date ist und seinem Job mit einem Tunnelblick nachgeht, verpasst womöglich einmalige Gelegenheiten und die passenden Zeitpunkte für höhere Gehälter.

Wer sich trotz aller Bemühungen nicht durchsetzen und keine Erhöhung seines Gehalts erzielen kann, sollte sich fragen, ob er überhaupt im richtigen Unternehmen ist.

Dr. Hans-Peter Luippold

Autor: Dr. Hans-Peter Luippold

Dr. Hans-Peter Luippold studierte Betriebswirtschaft in Freiburg und Köln und sammelte als Führungskraft bei Daimler, Volkswagen, Lufthansa, Wella und Vorwerk Erfahrungen in allen wesentlichen Unternehmensbereichen. Seit April 2000 ist er als Unternehmens- und Personalberater in Frankfurt am Main tätig. Er hält regelmäßig Vorträge und lehrt zu den Themen Erfolg und Karriere. Vernetzen Sie sich mit ihm über Xing und LinkedIn.