Gleitzeit - was versteht man unter flexibler Arbeitszeit?

Gleitzeit - was versteht man unter flexibler Arbeitszeit?

Berufsleben | 18.11.2018

Wenn es um flexible Arbeitszeiten geht, ist immer wieder von Gleitzeit die Rede. Arbeitnehmer bevorzugen solche Arbeitszeitmodelle, weil sie ihnen eine deutlich bessere Work-Life-Balance und eine größere Freiheit in der Gestaltung ihrer Arbeitstage bringen. Erfahren Sie hier, welche Möglichkeiten der Gleitzeitarbeit es gibt.

Was bedeutet Gleitzeit grundsätzlich?

In ihrer klassischen Form bedeutet eine Gleitzeitregelung, dass die Arbeitnehmer den Arbeitsbeginn und das Ende der täglichen Arbeitszeit selbst bestimmen. Starre Regelungen gibt dafür also nicht mehr. Das Modell bringt den Vorteil mit sich, dass bestimmte private Dinge – beispielsweise früh das Kind in die KiTa bringen und es nachmittags wieder abholen – viel besser organisieren lassen.

Arbeitgeber profitieren ebenfalls von der Flexibilität bei der Arbeitszeit, weil es weniger Kurzfehlzeiten gibt. Die Mitarbeiter integrieren private Termine in den Joballtag. Außerdem können die Arbeitnehmer die Arbeitsprozesse bedarfsorientierter gestalten. Sie passen ihre Arbeitszeit an die saisonal schwankende Auftragslage an.

Wann sind flexible Arbeitszeiten möglich?

Wenn Unternehmen ihre Arbeitsaufgaben entsprechend einteilen können, wozu auch die effiziente Maschinenauslastung in Produktionsbetrieben gehört, können sie gleitende Arbeitszeiten und andere flexible Arbeitsmodelle einführen. Es gibt aber auch Bereiche, wo das nicht möglich ist. In manchen Betrieben wie Kraftwerken oder Kliniken muss einfach rund um die Uhr gearbeitet werden, Schichtarbeit ist unumgänglich. Die einzige Frage ist nur, wie die Schichten organisiert werden. Zudem gibt es Beschäftigtengruppen wie alleinerziehende Eltern, denen eine gleitende Arbeitszeit nicht viel bringt, wenn sie sich stets zu bestimmten Tageszeiten um ihre Kinder kümmern müssen. Bei Fließbandarbeit müssen die Arbeitszeiten lückenlos gestaltet werden, um einen Produktionsausfall zu vermeiden.

Gleitzeitrahmen und Kernarbeitszeit

Zum Gleitzeitmodell gehört die sogenannte Kernarbeitszeit. Diese schafft einen Rahmen für die Arbeitszeit. In dieser festgelegten Zeitspanne herrscht Anwesenheitspflicht für Mitarbeiter mit einer Gleitzeitvereinbarung. Es könnte sich beispielsweise um die Zeit zwischen 11.00 bis 16.00 Uhr handeln.

Der Gleitzeitrahmen beschreibt die Zeitspannen vor und nach der Kernarbeitszeit, in denen die Mitarbeiter ihren Arbeitsbeginn und das Ende bestimmen können. Im beschriebenen Beispiel könnte sich dieser Rahmen zwischen 07.00 und 11.00 Uhr sowie zwischen 16.00 und 19.00 Uhr bewegen. Bei Gleitzeitvereinbarungen sind die Kernarbeitszeit und der Gleitzeitrahmen vertraglich festgehalten.

Varianten bei Gleitzeitvereinbarungen

Die häufigste Variante ist die Gleitzeitarbeit mit Kernarbeitszeit. Hinzu kommen die drei Möglichkeiten ohne Kernzeit, mit einer Funktionszeit und mit der Jahresarbeitszeit.

  • Gleitzeitvereinbarung ohne Kernarbeitszeit: In diesem Fall wird für die Betriebszeit ein frühester Anfang und ein spätestes Ende vorgegeben. Der Mitarbeiter könnte beispielsweise zwischen 7:30 und 19:30 Uhr arbeiten. Er muss nicht zu einer Kernzeit anwesend sein, nur die vereinbarte Arbeitsdauer muss er einhalten. Dieses Modell eignet sich für Unternehmen, in denen Beschäftigte weitgehend autonom arbeiten. Der Nachteil: Abstimmungen mit Kunden und Kollegen sowie Teamarbeit sind nur bedingt möglich.
  • Funktionszeit: Hier gibt es eine Kernarbeitszeit, die aber Funktionszeit genannt wird und in der nicht jeder Mitarbeiter anwesend sein muss. Es ist nur zu gewährleisten, dass die Abteilung während der Funktionszeit ausreichend besetzt ist, damit der Geschäftsbetrieb problemlos läuft. Die Mitarbeiter mit Gleitzeitvereinbarung müssen sich also untereinander absprechen, um ihre Abteilung während der Funktionszeit ausreichend zu besetzen. Das funktioniert nur, wenn sie über ähnliche Fachkompetenzen verfügen und sich gegenseitig vertreten können.
  • Jahresarbeitszeit: Hier bestimmt der Mitarbeiter von Tag zu Tag die Dauer seiner Arbeitszeit selbst, muss aber auf die vorgegebene Jahresarbeitszeit kommen. Die Mehr- und Minderstunden werden auf einem Arbeitskonto vermerkt. In Branchen mit saisonalen Aufträgen – beispielsweise in der Baubranche – eignet sich dieses Modell sehr gut.

Die Bedeutung der Gleitzeittage

Die Mitarbeiter mit einer Gleitzeitvereinbarung sammeln ihre Überstunden auf dem eigenen Arbeitszeitkonto an. Wann sie diese abbauen, können sie weitestgehend selbst entscheiden. Es ist daher möglich, dass sie sich auch ganze Tage freinehmen – das sind Gleitzeittage. Sie ließen sich zum Beispiel mit einem Urlaub verknüpfen. Ganze Gleitzeittage zum Abbau von Überstunden zu verwenden kann sinnvoll sein, weil der Gleitzeitausgleich innerhalb einer bestimmten Zeitspanne erfolgen muss, ansonsten verfallen die angesammelten Überstunden. In der Regel funktioniert das aber gut, es sei denn, es herrscht im Unternehmen krankheits- oder kündigungsbedingter Personalmangel. Wie dann zu verfahren ist, sollte ein interessierter Arbeitnehmer schon zu Beginn des Gleitzeitarbeitsverhältnisses klären. Größere und besser aufgestellte Firmen haben hierzu in der Regel mit dem Betriebsrat eine Betriebsvereinbarung ausgehandelt, in der solche Probleme geklärt werden – zum Beispiel dergestalt, dass die Überstunden ins kommende Jahr übernommen werden können, was eigentlich nicht üblich ist.

Wie sollte eine Gleitzeitvereinbarung aufgebaut sein?

In der Vereinbarung zum Arbeitszeitmodell der Gleitzeit sollten folgende Fragen beantwortet werden:

  • Beschreibung des im Unternehmen eingesetzten Gleitarbeitszeitmodells (mit oder ohne Kernarbeitszeit, mit Funktions- oder Jahresarbeitszeit)
  • Zeitraum des Gleitzeitrahmens
  • Zeitraum der Kernarbeitszeit
  • maximale tägliche und wöchentliche Arbeitszeiten
  • Umstände, unter denen die Vereinbarung zur Gleitzeit vom Arbeitgeber begrenzt werden kann (zum Beispiel Personalmangel wegen Krankheiten oder Kündigungen, saisonal schwankende Auftragslage)
  • Umgang mit Überstunden (Abbau oder Auszahlung, Zeitrahmen für den Verfall von Überstunden)
  • maximaler Überschuss an Gleitzeitstunden

Fazit - das Arbeitszeitmodell der Zukunft?

Die freie Bestimmung über die eigene Lebens- und Arbeitszeit wird den Menschen immer wichtiger und die Bereitschaft, zu strikt festgelegten Zeiten zu arbeiten, sinkt, was viele Arbeitgeber dazu verleitet, flexible Arbeitsmodelle, zu denen auch Gleitzeitmodelle gehören, einzuführen. Sofern die Arbeit in Gleitzeit in Ihrem Unternehmen eine Option ist, sollten Sie bei der vertraglichen Festsetzung eines entsprechenden Modells auf die Klärung der oben genannten Fragen achten.

Dr. Hans-Peter Luippold

Autor: Dr. Hans-Peter Luippold

Dr. Hans-Peter Luippold studierte Betriebswirtschaft in Freiburg und Köln und sammelte als Führungskraft bei Daimler, Volkswagen, Lufthansa, Wella und Vorwerk Erfahrungen in allen wesentlichen Unternehmensbereichen. Seit April 2000 ist er als Unternehmens- und Personalberater in Frankfurt am Main tätig. Er hält regelmäßig Vorträge und lehrt zu den Themen Erfolg und Karriere. Vernetzen Sie sich mit ihm über Xing und LinkedIn.