Was bedeutet Erfolg mit einer "horizontalen Karriere"?

Was bedeutet Erfolg mit einer "horizontalen Karriere"?

Berufsleben | 12.10.2018

Wenn Sie eine horizontale Karriere anstreben, können Sie ohne Führungsposition erfolgreich sein. Sie ist das Gegenteil der vertikalen Karriere. Erfahren Sie in diesem Artikel, warum Sie das sehr zufrieden machen kann.

Horizontale Karriere: Ist das nicht ein Widerspruch in sich?

In der Tat wirkt die Begrifflichkeit etwas paradox, denn mit einer Karriere verbinden wir automatisch das Bild des Aufstiegs. Dieser aber führt vertikal nach oben. Dementsprechend lautet eine typische Frage an Bewerber: “Was glauben Sie, wo Sie in fünf (oder zehn) Jahren stehen werden?” Darauf antworten viele Kandidaten, dass sie zu diesem Zeitpunkt eine Führungsposition bekleiden möchten. Das ist eine gute Antwort, doch es geht auch anders. Der horizontale Karriereplan ist der einer Fachkarriere. Dabei werden die sonst üblichen Stufen der Hierarchie vernachlässigt: vom Junior zum Key zum Vize zum Senior etc., also das Treppchen hinauf, wie es die Kaminkarriere (vertikale Karriere) vorsieht. Manche Menschen fühlen sich aber nicht zur Führungspersönlichkeit geboren. Sie sind stattdessen fachlich sehr versiert und interessiert, sie möchten sich auf ihrem Fachgebiet auch stets weiterbilden. Ihr Bestreben ist es, als echter Experte mit sehr breitem Fachwissen Innovationen anzustoßen und auf diese Weise Großartiges zu leisten.

Wie beliebt ist so eine Fachkarriere?

Sie liegt zweifellos im Trend. Der Business-Coach Dr. Bernd Slaghuis ließ hierzu eine Umfrage durchführen. Über 1.400 Teilnehmer wurden nach ihren Karriereplänen befragt. Dabei stellte sich Erstaunliches heraus: Von den Kolleginnen und Kollegen wollten immerhin 17 Prozent explizit keine Führungsposition bekleiden. Ein noch wesentlich größerer Teil - 47 Prozent - legte sehr großen Wert auf eine fachliche Weiterentwicklung, obgleich nicht alle von ihnen die Führungsposition ausschlossen. Der Wunsch, etwas Neues zu lernen und lieber im Team als an der einsamen Spitze zu arbeiten, ist sehr verbreitet.

Warum streben Menschen eine horizontale Karriere an?

Es gibt hierfür vielfältige Ursachen. Immer mehr Berufstätige betrachten die Karriere nicht mehr als den absoluten Mittelpunkt des Lebens. Der Job soll wieder das sein, was er eigentlich von Natur aus ist: die finanzielle Basis für ein vernünftiges, inhaltsreiches Familien- und Privatleben. Es gibt darüber hinaus auch den rein fachlichen Standpunkt: Berufstätige wollen sich auf die fachspezifischen Anforderungen Ihres Berufs konzentrieren. Die administrativen Aufgaben einer Führungsposition finden sie wenig reizvoll, Machtausübung liegt ihnen erst recht fern. Dazu trägt auch die neue Mediengesellschaft bei, die zu wesentlich flacheren Hierarchien gerade in den Vorreiterkonzernen dieser Gesellschaft wie Google, Apple und Facebook geführt hat. In solchen Unternehmen sind alle Beschäftigten durch ihre Medienaffinität derart gut informiert, dass sie Anweisungen eines Vorgesetzten nicht mehr benötigen, der sich eigentlich nur kraft seiner Wassersuppe durchsetzt, ohne mit allzu viel Kompetenz zu glänzen. Dieses Prinzip gab es schon immer. Machtbewusste Vorgesetzte nutzen die Kraft von Emotionen, die durch Befehle und latente Drohungen geweckt werden. Wer fachspezifisch sehr viele Informationen verarbeitet, hat keine Zeit, sich diesen Emotionen zu stellen und Widerstand zu leisten, es wäre aus seiner Sicht einfach ineffizient. Also gibt er als Fachkraft nach und beugt sich dem Führungsanspruch. Aus diesem Grund verdienen Manager schon immer mehr als Ingenieure, man hält ihre Führungsrolle einfach für unverzichtbar. Das ist sie jedoch nicht. Die Disruptionen der modernen Online-Wirtschaft führen dazu, dass jemand allein in der Stube mit einem Rechner ein Geschäftsmodell sehr erfolgreich anstoßen kann, ohne sich dem Führungsanspruch eines Managers beugen zu müssen. Dieser Trend zieht auch in die Firmen ein und schwebt dort zumindest latent über den Köpfen. Daher wollen die Fachleute nicht mehr zu den Führungspersönlichkeiten gehören, die sie inzwischen heimlich verachten.

Das Peter-Prinzip

Ein letzter Grund, die Fachkarriere anzustreben, ist das sogenannte Peter Prinzip. Es besagt, dass Menschen gern bis zur Stufe ihrer Inkompetenz befördert werden - also bis sie an den Aufgaben scheitern. Das Wissen darum ist inzwischen allgegenwärtig. Es gibt daher für viele Berufstätige keinen Grund, sich selbst bis zu diesem Scheitern hin anzutreiben.

Dr. Hans-Peter Luippold

Autor: Dr. Hans-Peter Luippold

Dr. Hans-Peter Luippold studierte Betriebswirtschaft in Freiburg und Köln und sammelte als Führungskraft bei Daimler, Volkswagen, Lufthansa, Wella und Vorwerk Erfahrungen in allen wesentlichen Unternehmensbereichen. Seit April 2000 ist er als Unternehmens- und Personalberater in Frankfurt am Main tätig. Er hält regelmäßig Vorträge und lehrt zu den Themen Erfolg und Karriere. Vernetzen Sie sich mit ihm über Xing und LinkedIn.