Dialekt im Job: Alles außer Hochdeutsch

Dialekt im Job: Alles außer Hochdeutsch

Berufsleben | 09.02.2019

In jeder Sprache gibt es Dialekte, die für die Karriere nützlich oder schädlich sein können. Erfahren Sie in diesem Beitrag, unter welchen Umständen Sie den Dialekt im Job zulassen oder vermeiden sollten.

Wie wirken Dialekte im Allgemeinen?

Dialekte können regelrechte Beziehungsbooster sein, denn in einem regional verwurzelten Unternehmen verstehen sich die Mitarbeiter untereinander und mit ihren Kunden ausgezeichnet über den eigenen Dialekt. In national und international aufgestellten Konzernen können sie schnell einen unseriösen Eindruck hinterlassen, vor allem aber können sie die Kommunikation beeinträchtigen. In vielen Dialekten gibt es Wörter, die andere Angehörige der übergreifenden Sprachgruppe (z.B. Deutsch) nicht verstehen. Wie sehr der Dialekt helfen oder stören kann, hängt demnach von der Zusammensetzung der Belegschaft ab, aber auch der Status des Sprechenden spielt eine Rolle. Firmenchefs und Spitzenpolitikern verzeiht man ihren Dialekt, teilweise wären sie ohne ihn nicht authentisch. Allerdings ist bei der Bewertung immer der inhaltliche Kontext zu beachten. Sollte dieser positiv bewertet werden, gilt der Dialekt als liebenswerte Folklore. Bei negativem Kontext hingegen lehnen ihn die Menschen sehr schnell ab. Dialekte waren schon immer ein zweischneidiges Schwert, sie dienen Komikern als Vorlage und bereichern eindeutig unsere Kultur. Wenn allerdings die Kollegen immer wieder fragen müssen: “Wie bitte?”, dann ist ein Schwenk aufs Hochdeutsche angebracht.

Dialekt im Job als Türöffner

Dass der Dialekt ein beruflicher Türöffner sein kann, erschließt sich mit einem Beispiel sehr schnell. Nehmen wir an, ein expandierendes Unternehmen mit Produkten im B2C-Bereich sucht in einer Region Kundendienstberater. Es wird ausdrücklich Menschen aus dieser Region mit ihrem spezifischen Dialekt anheuern, denn diese gelten gegenüber den Kunden dieser Region als glaubwürdig. Daher wird der Dialekt im Beruf keinesfalls pauschal verteufelt, er kann vielmehr ausdrücklich erwünscht sein. Die sprachliche Nähe zu Kunden und Kollegen weckt Vertrauen, stellt eine Beziehungsebene her und vermeidet den Eindruck von Arroganz. Ein Mensch, der unseren Dialekt spricht, teilt uns subtil mit: Ich spreche eure Sprache - buchstäblich. Sollte allerdings ein Unternehmen überregional aufgestellt sein und beispielsweise von einem zentralen Callcenter aus die Kunden im gesamten deutschsprachigen Gebiet kontaktieren, wäre ein Dialekt kontraproduktiv. Daher hören wir auch in überregionalen TV- und Radiosendungen nur Hochdeutsch.

Dialekte polarisieren

Auf Reisen in andere deutsche Regionen oder bei Fernsehsendungen mit regionalem Bezug - so etwa bei den “Rosenheim-Cops” - finden wir Dialekte komisch und exotisch. Im Beruf hemmt gänzlich ungefilterter Dialekt aber die Effizienz, wenn wir ihn nicht verstehen. Dieser unterschwellige Ärger über ein nicht verstandenes Wort kann sich deutliche Bahn brechen, wenn wir den betreffenden Dialekt an sich nicht mögen. Dialekte polarisieren nämlich. Derselbe Dialekt ist bei manchen Menschen äußerst beliebt, Komiker bauen ihre Sendungen auf ihm auf. Andere Menschen hassen ihn teilweise. Das hat wiederum etwas mit dem inhaltlichen Bezug zu tun. Um an dieser Stellen niemandem zu nahe zu treten, wählen wir zwei historische Beispiele für das Bayerische und das Sächsische: Der CSU-Politiker Franz Josef Strauß war ein bayerisches Urgestein und wirkte mit seinen Auftritten im Bundestag durchaus sehr folkloristisch, doch er war auch stark rechtskonservativ und ließ sogar den Spiegel-Gründer Rudolf Augstein kurzfristig aus politischen Gründen einsperren. Linke und Grüne der Jahrgänge 1955 bis 1965 lehnen daher möglicherweise das Bayerische intuitiv ab. Münchner Bürgerinnen und Bürger dieser Jahrgänge demonstrierten gegen Strauß - und sprechen heute kaum Dialekt. In der DDR wiederum machten viele Sachsen im SED-Politbüro Karriere, der Obersachse war Walter Ulbricht (geboren 1893 in Leipzig), der 1961 die Mauer bauen ließ. Viele DDR-Bürger der Jahrgänge 1955 bis 1965 lehnen daher das Sächsische ab, das neuerdings auf neue Weise traurige Furore macht. Das bedeutet: Jedermann, der starken Dialekt spricht, muss um die latente Sympathie oder auch Antipathie wissen, was bedeutet: Sprechen Sie im Zweifelsfall lieber Hochdeutsch.

Sollte man sich an einen Dialekt im Job anpassen?

Niemals! Wer einen Dialekt nicht mit der Muttermilch eingesogen hat, erlernt ihn auch nicht. Seit Urzeiten versuchen Komiker, einen (sächsischen, bayerischen, baden-württembergischen) Dialekt nachzuahmen: Es misslingt jedes Mal kläglich. Hochdeutsch ist bei Sprachschwierigkeiten das Mittel der Wahl.

Dr. Hans-Peter Luippold

Autor: Dr. Hans-Peter Luippold

Dr. Hans-Peter Luippold studierte Betriebswirtschaft in Freiburg und Köln und sammelte als Führungskraft bei Daimler, Volkswagen, Lufthansa, Wella und Vorwerk Erfahrungen in allen wesentlichen Unternehmensbereichen. Seit April 2000 ist er als Unternehmens- und Personalberater in Frankfurt am Main tätig. Er hält regelmäßig Vorträge und lehrt zu den Themen Erfolg und Karriere. Vernetzen Sie sich mit ihm über Xing und LinkedIn.