Wieso ist Unentbehrlichkeit nicht hilfreich?
Es ist natürlich nicht von vornherein falsch, für die eigene Firma scheinbar unentbehrlich zu sein. Allerdings hat das zwei Haken: Erstens ist niemand unentbehrlich, wie das gängige Mantra lautet. Irgendeinen Ersatz gibt es immer. Der zweite Grund ist vielleicht noch wichtiger: Sie erscheinen dem Unternehmen als unentbehrlich, wenn Sie auf einem Spezialgebiet momentan der einzige Experte sind. Doch das nagelt Sie auch auf diese Aufgabe fest. Sie sind das berüchtigte “One-Trick-Pony”, also derjenige, der genau diese eine, spezielle Fähigkeit hat. Damit sollen Sie auch nur die Aufgaben durchführen, die mit dieser Fähigkeit zusammenhängen. Andere, spannende Projekte kommen für Sie nicht infrage, weil Sie nämlich für Ihre Spezialaufgabe unentbehrlich sind. Das ist nicht nur rein arbeitstechnisch einseitig und damit unbefriedigend, es ist auch gefährlich. Wenn doch ein zweiter Kollege in die Firma eintritt, der die Aufgabe ebenso beherrscht, braucht man Sie plötzlich nicht mehr so dringend – und hat vielleicht keine anderen Aufgaben für Sie, denn diese standen schließlich nie auf der Agenda. Auch könnte es sein, dass plötzlich eine Software Ihre bisherige Spezialaufgabe durchführt. Das passiert derzeit beispielsweise im Bereich der Buchhaltung, für die es zahllose neue Softwarelösungen gibt. Damit hätten Sie dann ein riesiges Problem, denn die Software ist sehr viel billiger als Sie.
Gegenstrategie: Sie machen sich gezielt entbehrlich!
Die Gegenstrategie zu den genannten Gefahren besteht darin, die Unentbehrlichkeit abzustreifen und sich bewusst für die Entbehrlichkeit zu entscheiden. Das fällt den meisten Menschen schwer, aber es bringt viele Vorteile mit sich. Sie sollten dafür sorgen, dass Ihre Kollegen gut ohne Ihre permanente Verfügbarkeit zurechtkommen. Das funktioniert, indem Sie Ihr Wissen teilen und Aufgaben delegieren. Unterstützen Sie dabei diejenigen Kollegen, die sie zeitweilig übernehmen. Wenn das erledigt ist (und Sie übrigens endlich entspannt in den Urlaub fahren können, weil Sie entbehrlich geworden sind), zeigen Sie Ihrem Chef großes Interesse an anderen, neuen Herausforderungen. Es wird auffallen, dass Sie nicht an Ihrem Wissen und Ihrer Position kleben. Man wird Sie als teamfähig, flexibel und offen kennenlernen. Der Chef wird bedenken: Der Kollege ist ein Spezialist für das eine Gebiet, wahrscheinlich wird er für ein anderes Gebiet auch ein Spezialist. Damit ist er vielseitig einsetzbar.
Warum ist Entbehrlichkeit der modernere Weg?
Das neue Selbstverständnis der Unternehmen lautet: Wir sind durch unser Know-how so erfolgreich, unsere Mitarbeiter können gar nicht genug davon mitbringen. Arbeitsmodelle wie die Job-Rotation zielen genau darauf ab, dass Mitarbeiter recht viele Bereiche der Firma kennenlernen, aber auf einem Spezialarbeitsplatz durchaus entbehrlich werden. Diejenigen jedoch, die um jeden Preis unentbehrlich sein wollen und an ihrem Wissen kleben, werden langfristig zum Problem. Die Firma fühlt sich latent von ihnen erpresst: Warum nur ist dieser Kollege so unentbehrlich? Was passiert, wenn er schwer erkrankt oder kündigt? Müssen wir dann die Produktion einstellen? Diesen Gedanken mag kein Unternehmer gern. Ersetzen Sie daher Unentbehrlichkeit durch strikte Loyalität und zeigen Sie sich hinsichtlich Ihrer Kenntnisse und Aufgabenbereiche flexibel. Das führt zu hoher Wertschätzung vonseiten Ihrer Vorgesetzten und macht Sie zwar nicht auf neue Weise unentbehrlich, aber zu einem sehr geschätzten Kollegen, den man nur ungern gehen lassen möchte.