Lohnpfändung: Hilfe! Was kann ich tun?

Lohnpfändung: Hilfe! Was kann ich tun?

Berufsleben | 18.10.2019

Eine Lohnpfändung ist eine Pfändung eines Teils des Gehaltes, das einem Arbeitnehmer zusteht. Oft wird der Begriff synonym mit einer Gehaltspfändung genutzt. Die Lohnpfändung ist gesetzlich als Zwangsvollstreckungsmaßnahme vorgesehen und in der Zivilprozessordnung geregelt.

WAS VERSTEHT MAN UNTER LOHNPFÄNDUNG?

Liegt einem Gläubiger ein vollstreckbarer Titel vor oder ein Urteil bzw. ein Vollstreckungsbescheid kann der Gläubiger mit Hilfe eines Gerichts einen Teil seines Geldes direkt vom Arbeitgeber des Schuldners holen.

Öffentliche Gläubiger wie die Finanzämter oder Gemeinden können sogar ohne gerichtliche Hilfe eine Pfändung des Lohnes durchführen. Damit dem Schuldner keine lebensnotwendigen Mittel genommen werden, ist in der Zivilprozessordnung auch geregelt, wie viel vom Lohn gepfändet werden darf.

LOHNPFÄNDUNG: WANN UND WIE IST SIE MÖGLICH?

Die Lohnpfändung kommt selten aus heiterem Himmel. Hierbei handelt es sich um ein Mittel der Zwangsvollstreckung, welche das gesetzlich geregelte Verfahren zur Durchsetzung zivilrechtlicher Ansprüche darstellt. Die Zwangsvollstreckung ist in der Zivilprozessordnung (ZPO) geregelt. Es müssen insoweit auch bestimmte, gesetzlich geregelte Voraussetzungen gegeben sein, damit Ihr Gläubiger überhaupt eine Pfändung Ihres Gehalts anstrengen kann. Um welche Voraussetzungen es sich handelt und wie Sie vermeiden können, dass es so weit kommt, lesen Sie hier:

UNBEZAHLTE RECHNUNGEN UND CO: DIE OFFENE FORDERUNG

Damit fängt alles an: Ein Gläubiger hat eine offene Forderung, meist in Form eines Geldbetrages, gegen Sie.
Dies kann etwa eine unbezahlte Rechnung aus einem (Online-)Einkauf sein, Kaufpreisraten bei Finanzierung eines Elektrogerätes oder die Leasingraten eines Autos.
Ausgangspunkt ist immer, dass Sie die Forderung (noch) nicht beglichen haben.
Zahlen Sie trotz einer vertraglichen oder anderweitig begründeten Verpflichtung nicht, kann der Gläubiger gegen Sie vorgehen.

Tipp: Auch wenn es trivial erscheint – überlegen Sie sich vor jeder Anschaffung und vor dem Eingehen jedweder anderen finanziellen Verbindlichkeit, ob Sie diese tatsächlich (und auch dauerhaft) stemmen können. Angebote für Ratenzahlungen erscheinen verlockend, können aber dazu führen, dass die Tragweite der Investition unterschätzt wird.

ZAHLUNGSERINNERUNG

In der Regel wird der Gläubiger auf Sie zukommen und Sie zur Zahlung des offenen Betrages ermahnen. Häufig ist diese erneute Aufforderung mit einer Fristsetzung verbunden.

Tipp: Kommunizieren Sie mit Ihrem Gläubiger! Sollte die Zahlung tatsächlich einfach in Vergessenheit geraten sein, sollten Sie jetzt zahlen. Sollte es tatsächlich gerade einen finanziellen Engpass geben, ist es sinnvoll, zu versuchen, mit dem Gläubiger gemeinsam eine Lösung zu suchen. Bestenfalls lässt sich das Problem dann schon formlos klären, zum Beispiel in Form von der Vereinbarung eines kurzzeitigen Zahlungsaufschubs. Das Aufsuchen eines rechtlichen Beistands kann hier in unübersichtlichen Fällen sinnvoll sein.

MAHNBESCHEID ODER KLAGE

Ist die offene Zahlung auch nach dieser Kontaktaufnahme nicht erfolgt, so wird der Gläubiger wohl den „offiziellen“ Weg gegen Sie einschlagen und beim Zivilgericht auf Zahlung klagen oder einen Mahnbescheid beantragen.

Tipp: Sollte es soweit kommen, raten wir Ihnen dringend, sich rechtlichen Beistand zu suchen. Besteht der behauptete Anspruch des Gläubigers tatsächlich und hat er mit seiner Klage Erfolg, so werden Sie höchstwahrscheinlich nicht nur zur Zahlung an den Gläubiger, sondern auch zur Übernahme aller durch das Gerichtsverfahren anfallenden Kosten verurteilt.

DER "VOLLSTRECKBARE TITEL"

Hat der Gläubiger mit seiner Klage oder seinem Mahnbescheid Erfolg, so erhält er einen sogenannten „Titel“, der ihm den eingeklagten Zahlungsanspruch gerichtlich bestätigt. Dieser Titel ist auch „vollstreckbar“. Das heißt, dass der Gläubiger sich dem Institut der Zwangsvollstreckung bedienen darf, sollte die Zahlung auch dann nicht erfolgen.  

WIE LÄUFT EINE LOHNPFÄNDUNG AB?

Der Rückgriff auf Mittel der Zwangsvollstreckung ist dem Gläubiger erst möglich, wenn der Schuldner auf den Titel nach Ablauf einer Frist nicht gezahlt hat.
Der Gläubiger kann nun beim zuständigen Vollstreckungsgericht einen Antrag auf Gehaltspfändung stellen, woraufhin ein sogenannter Pfändungs- und Überweisungsbeschluss (kurz "PfÜB") ergeht.
Dieser wird durch den Gerichtsvollzieher an den Arbeitgeber des Schuldners übermittelt, wodurch dieser verpflichtet ist, den pfändbaren Teil des Gehalts nicht an den Arbeitnehmer auszuzahlen, sondern zurückzubehalten und zur Befriedigung des Vollstreckungsgläubigers zu nutzen.

SCHULDEN BEIM FINANZAMT ODER DER GEMEINDE: die Gehaltspfändung auf kurzem Wege

Achtung: Haben Sie Schulden bei einem öffentlich-rechtlichen Institut, beispielsweise einer Gemeinde oder einem Finanzamt ist kein gerichtliches Verfahren notwendig. In diesem Fall erhalten Sie den vollstreckbaren Titel direkt von dem Institut. Diese Bereiche haben das Recht, eine solche Maßnahme ohne vorherige Beteiligung eines Gerichts durchzuführen. Insofern ist der Ablauf in solchen Fällen etwas kürzer.

WAS TUN, WENN EINE LOHNPFÄNDUNG DROHT?

Auch wenn der Schritt unangenehm ist, informieren Sie in jedem Fall Ihren Arbeitgeber über die drohende Pfändung. In einem solchen Fall gilt: Legen Sie alle Karten offen auf den Tisch. Eine Gehaltspfändung verursacht viel Arbeit für die Mitarbeiter der Personalabteilung, die selbstverständlich gerne vermieden wird. Warnen Sie daher Ihren Arbeitgeber am besten vor.

Über eine Kündigung brauchen Sie sich keine Sorgen machen. In der Regel ist nach gültiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts eine Pfändung des Lohnes kein Kündigungsgrund. Suchen Sie das Gespräch mit Ihrem Chef und bereiten Sie ihn auf die Situation vor. Legen Sie ihm auch dar, dass Sie weiterhin Ihrer Arbeit hochmotiviert nachgehen werden und sich dem Problem stellen werden. Spätestens jetzt ist es zum Weglaufen zu spät.

Da Sie einen Teil Ihres Gehaltes, für sich behalten können stellen Sie unbedingt sicher, dass Ihr Chef alle Ihre Unterhaltspflichten kennt. Denn je nach Höhe Ihres Arbeitsentgelts und Verpflichtungen zur Zahlung monatlicher Unterhalte fällt der Anteil unterschiedlich aus (sog. Pfäandungsfreigrenze). 

Der Arbeitgeber muss berechnen, wie hoch Ihr Pfändungsfreibetrag von Ihrem Lohn ist und damit bestimmen, wie hoch der Anteil ist, der der Pfändung unterliegt. Denken Sie auch an Ihre Eltern, die ggfs. in einem Pflegeheim leben oder Ihre Kinder, die bereits studieren. Auch gegenüber diesen Personen haben Sie unter Umständen Unterhaltspflichten.

Gehaltspfändung DROHT: HOLEN SIE SICH PROFESSIONELLE HILFE

Speziell bei kleinen Unternehmen können die Mitarbeiter der Personalabteilung schnell mit einer Pfändung überfordert sein und Fehler machen. Überprüfen Sie daher unbedingt Ihre Gehaltsabrechnung, auch wenn Sie in einem größeren Unternehmen beschäftigt sind. Sollten Sie Zweifel an der Rechtmäßigkeit haben, holen Sie sich professionelle Hilfe bei einem Anwalt oder der Schuldnerberatung.

Sollten Sie weitere Geldforderungen, beispielsweise über monatliche Raten abzahlen, können Sie diese Zahlungen einstellen. Der Anteil vom Gehalt, der Ihnen bleibt, unterliegt der Pfändungdfreigrenze.

Aber Achtung: Drohen weitere negative Konsequenzen, wie zum Beispiel der Verlust der Wohnung oder eine Geldstrafe, sollten Sie die Raten trotzdem weiterzahlen und in jedem Fall mit Ihrem Gläubiger in Kontakt treten. Eine Einstellung der Ratenzahlung führt häufig zu einem Abbruch der Bewilligung zur Ratenzahlung durch den Kreditgeber.

AUSWEG PRIVATINSOLVENZ?

In jedem Fall sollten Sie sich spätestens jetzt professionelle Hilfe in Form einer Schuldnerberatung suchen. Hier finden Sie die richtigen Antworten, wie Sie zukünftig mit der Situation umgehen.

Auch wenn es ein harter Weg wird, teilweise kann ein Schritt in die Insolvenz bzw. Privatinsolvenz einen Ausweg darstellen. Eine Schuldnerberatung bietet Ihnen wertvolle Tipps und Antworten zu diesem Weg.

KANN MAN EINE PFÄNDUNG STOPPEN ODER VERHINDERN?

Selbstverständlich gibt es verschiedene Möglichkeiten, eine Gehaltspfändung abzuwehren und zu stoppen. Der erste Grund ist vermutlich auch der sinnvollste: Wenn alle Schulden bezahlt sind, gibt es keinen Grund, eine Gehaltspfändung durchzuführen.

Sollten Sie einen vollstreckbaren Titel erhalten haben, raten wir dringend dazu, die Schulden zu bezahlen. Sollte eine Zahlung nicht möglich sein, versuchen Sie mit Ihrem Kreditgeber zu sprechen. Oft lassen diese sich auch auf eine Ratenzahlung oder ähnliches ein.

Eine Zwangsvollstreckung wie eine solche Maßnahme ist mit hohem Aufwand verbunden, den jeder gerne vermeiden möchte. Sollten alle Möglichkeiten scheitern, bleibt unter Umständen nur der Schritt in die Insolvenz bzw. Privatinsolvenz.

Haben Sie unter Umständen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Maßnahme? Dann steht Ihnen die Schuldnerberatung oder ein Anwalt gerne für Fragen und Antworten zur Verfügung.

GEHALTSPFÄNDUNG: WAS BLEIBT FÜR DEN ARBEITNEHMER ÜBRIG?

Die Summe, die im Falle einer solchen Maßnahme vom Gehalt übrig bleibt, ist abhängig vom Einkommen und von den Lebensverhältnissen.

Als Beispiel: Der Schuldner ist alleinstehend und verfügt über ein Einkommen von 1.900 Euro. Hat er keine Unterhaltspflichten zu leisten, können 504,99 Euro gepfändet werden. Muss er für zwei Personen Unterhalt leisten, verringert sich der pfändbare Betrag auf 12,29 Euro.

Die Summe der sogenannten Pfändungdfreigrenze wird alle zwei Jahre im Juli an die allgemeine Einkommensentwicklung angepasst.

UNPFÄNDBARER GRUNDBETRAG

Unzulässig ist eine Pfändung, bei der dem Arbeitnehmer sein vollständiges Gehalt gepfändet wird. Sollten Sie eine solche Maßnahme erhalten haben, suchen Sie sich umgehend einen Anwalt als Unterstützung.

Auch wenn eine gepfändete Abrechnung einen harten Eingriff in den Arbeitsalltag eines einzelnen darstellt, muss der Arbeitnehmer weiterhin in der Lage sein, sich selbst zu versorgen und seinen Unterhaltspflichten nachzukommen.

Um dem Arbeitnehmer immer einen gewissen Teil seines Gehalts zur Verfügung zu lassen, gibt es einen sogenannten unpfändbaren Grundbetrag, der jedem Arbeitnehmer, unabhängig vom Gehalt oder der Unterhaltspflichten zusteht.

PFÄNDUNGSFREIBETRAG bei der Lohnpfändung

Dieser unpfändbare Grundbetrag liegt seit dem 01.07.2019 bei 1.178,59 Euro. Liegt Ihr Gehalt unter dem Pfändungsfreibetrag (etwa bei einem Minijob), kann keine Zwangsmaßnahme gegen Sie ausgesprochen werden. Liegt Ihr Lohn über dem Pfändungsfreibetrag, wird der übersteigende Teil gepfändet.

Zusätzlich darf auch nicht das volle Gehalt berücksichtigt werden. In § 850a der Zivilprozessordnung ist geregelt, dass die Vergütung von Mehrarbeit nur mit 50 Prozent des Bruttogehaltes in die Berechnung mit eingerechnet werden darf.

WAS IST MIT DEM URLAUBSGELD, WEIHNACHTSGELD UND ANDEREN ZUWENDUNGEN?

Zusätzlich dürfen Urlaubsgeld, Treuegeld und Zuwendungen für Jubiläen nicht berücksichtigt werden, wenn sie im üblichen Rahmen liegen. Außerdem fallen bei der Berechnung Aufwandsentschädigungen, Gefahrenzulagen und Zahlungen für selbstgestelltes Arbeitsmaterial heraus.

Mit 50 Prozent, höchstens jedoch 500 Euro, darf das Weihnachtsgeld berücksichtigt werden. Weiterhin müssen außen vor gelassen werden Erziehungsgelder, Studienbeihilfen und Blindenzulagen.

WIE WIRD DER PFÄNDBARE BETRAG ERMITTELT?

Die Berechnung des pfändbaren Betrags von Ihrem Arbeitseinkommen erfolgt dann nach der Brutto- oder Nettomethode. Während bei der Bruttomethode selbstverständlich die unpfändbaren Bestandteile des Gehaltes abgezogen werden und zusätzlich noch die Steuern und Sozialversicherungsbeiträge verläuft die Berechnung bei der Nettomethode anders.

Bei der Nettomethode werden auch im ersten Schritt die unpfändbaren Beträge abgezogen. Steuer und Sozialversicherungsbeiträge werden nur in der Höhe berücksichtigt, in der sie ohne die unpfändbaren Bezüge fällig gewesen wären.

Steht am Ende der Berechnung der Nettolohn fest, kann mit Hilfe der Lohnpfändungstabelle der pfändbare Anteil ermittelt werden.

FAZIT

Auch wenn es unangenehm ist, droht Ihnen eine Pfändungs-Angelegenheit, sprechen Sie in jedem Fall offen mit Ihrem Arbeitgeber. Ersparen Sie Ihrem Arbeitgeber und den für die Lohnverwaltung zuständigen Mitarbeitern Aufwand und Probleme, die mit einer Pfändung verbunden sein können. 

Nutzen Sie auch die Chance, offen mit Ihrem Kreditgeber über Ihre Probleme zu sprechen. Eventuell erhalten Sie auch von dieser Seite wertvolle Tipps, wie Sie eine Zwangsmaßnahme vermeiden und abwenden können.

Auch ein Anwalt oder die Schuldnerberatung kann Ihnen zur Hilfe stehen, dort finden Sie die richtigen Antworten.

Durch den vorgeschriebenen Ablauf einer solchen Maßnahme, haben Sie zwischenzeitlich immer genug Zeit zu handeln. Machen Sie nicht den Fehler und öffnen Sie Ihre Briefe aus Angst vor negativen Konsequenzen nicht mehr.

Und denken Sie immer daran: Auch ein Schritt in das (private) Insolvenzverfahren kann eine Möglichkeit darstellen, aus der Schuldenfalle zu entkommen.

Dr. Hans-Peter Luippold

Autor: Dr. Hans-Peter Luippold

Dr. Hans-Peter Luippold studierte Betriebswirtschaft in Freiburg und Köln und sammelte als Führungskraft bei Daimler, Volkswagen, Lufthansa, Wella und Vorwerk Erfahrungen in allen wesentlichen Unternehmensbereichen. Seit April 2000 ist er als Unternehmens- und Personalberater in Frankfurt am Main tätig. Er hält regelmäßig Vorträge und lehrt zu den Themen Erfolg und Karriere. Vernetzen Sie sich mit ihm über Xing und LinkedIn.