Im konkreten Fall hatte ein Unternehmen, das sich auf Assistenz- und Beratungsleistungen für Menschen mit Behinderungen spezialisiert hat, per Stellenangebot persönliche Assistentinnen für die Alltagsunterstützung einer 28jähigen Studentin mit Behinderung gesucht. Laut Stellenausschreibung sollten geeignete Personen „am besten zwischen 18 und 30 Jahre alt sein“. Eine abgelehnte Bewerberin, die nicht zu dieser Altersgruppe gehörte, sah sich wegen ihres Alters diskriminiert und hatte geklagt.
Daraufhin hatte das deutsche Bundesarbeitsgericht beim EuGH angefragt, inwieweit der Schutz vor Diskriminierung wegen des Alters und der Schutz vor Diskriminierung wegen einer Behinderung in solchen Fällen miteinander zu vereinbaren sind.
Achtung des Selbstbestimmungsrechts behinderter Menschen rechtfertigt Bevorzugung bestimmter Altersgruppen bei der Personalsuche
In seinem Urteil (Aktenzeichen C-518/22) entschied der EuGH, dass die von Menschen mit Behinderung geäußerte Bevorzugung persönlicher Assistentinnen einer bestimmten Altersgruppe geeignet ist, die Achtung ihres Selbstbestimmungsrechts zu fördern.
Weiter befand der EuGH, dass es im vorliegenden Fall nach den deutschen Rechtsvorschriften ausdrücklich vorgeschrieben sei, den individuellen Wünschen von Menschen mit Behinderung bezüglich der Erbringung von Leistungen durch persönliche Assistenten zu entsprechen. Demnach müssten sie in der Lage sein, selbst zu entscheiden, wo und mit wem sie leben.
Auf den konkreten Fall bezogen führte der EuGH weiter aus, dass eine persönliche Assistentin, welche der Altersgruppe des Menschen mit Behinderung entspricht, sich leichter in dessen persönliches, soziales und akademisches Umfeld einfüge. Damit könne die Festlegung einer Altersanforderung im Hinblick auf den Schutz des Rechts auf Selbstbestimmung des Menschen mit Behinderung notwendig und gerechtfertigt sein.
Altersdiskriminierung in der Regel unzulässig
Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) verbietet Benachteiligungen aus Gründen der Rasse, der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität. Das AGG schließt auch die Erwerbstätigkeit inklusive Auswahl- und Einstellungskriterien ein. Mit wenigen Ausnahmen wie zum Beispiel bei Jobs, die aufgrund ihrer Anforderungen nicht für ältere Bewerber geeignet sind (zum Beispiel Profisportler oder Berufssoldaten) dürfen Menschen mit einem höheren Lebensalter nicht schlechter gestellt werden, sofern sie über die gleichen fachlichen Qualifikationen verfügen.
Das muss auch bei der Formulierung von Stellenangeboten berücksichtigt werden. So ist es zum Beispiel in der Regel unzulässig, Mitarbeiter für ein „junges, dynamisches Team“ zu suchen, weil dies impliziert, dass sich die Stellenausschreibung auf junge Bewerber bezieht.
Dagegen ist es normalerweise in Ordnung, nach einem „erfahrenen Mitarbeiter“ zu suchen, weil sich dies nicht in erster Linie auf das Alter, sondern auf die fachliche Qualifikation und Erfahrung bezieht.