Das zeigen Beispielrechnungen, die jetzt das Münchener ifo-Institut veröffentlicht hat.
Menschen, die arbeiten und alle ihnen zustehenden Sozialleistungen in Anspruch nehmen, können auf ein größeres verfügbares Einkommen zurückgreifen als Menschen, die nicht arbeiten und lediglich Sozialleistungen erhalten. Die vom Münchener ifo-Institut vorgelegten Beispielrechnungen zeigen, dass die weit verbreitete und von manchen Politikern geteilte Meinung falsch ist, Empfänger von Sozialleistungen ohne Arbeit seien finanziell besser gestellt als Geringverdiener. Der Grund dafür ist, dass Freibeträge für Erwerbstätige bei der Anrechnung von Einkommen auf Sozialleistungen zur Anwendung kommen. Folgende Beispiele werden genannt:
Beispiel 1: Eine alleinstehende Person, die in einer Stadt mit mittlerem Mietniveau 1.000 Euro brutto pro Monat verdient, erhält nach Abzug von Steuern und Sozialabgaben 891 Euro. Wer nur Sozialleistungen bezieht und Bürgergeld erhält, bekommt pro Monat 563 Euro. Schlechter gestellt ist der Geringverdiener nur dann, wenn er keine Sozialleistungen beantragt. Dann bleiben ihm lediglich 357 Euro netto pro Monat.
Für einen Alleinstehenden mit einem Monatsverdienst von 2.000 Euro brutto bleiben bei Inanspruchnahme der verfügbaren Sozialleistungen pro Monat 1020 Euro. Ohne Beanspruchung von Sozialleistungen sind es 965 Euro. Auch das ist deutlich mehr als das Bürgergeld von 563 Euro.
Beispiel 2: Wer als Alleinerziehender 1.000 Euro brutto verdient, erhält mit Sozialleistungen pro Monat 2.063 Euro. Ohne Beantragung von Sozialleistungen bleiben dagegen nur 622 Euro. Bei einer alleinerziehenden Person ohne Arbeitseinkommen stehen monatlich 1.533 Euro an Einkommen zur Verfügung.
Wenige Anreize zum Mehrverdienst bei geringen und mittleren Einkommen
Allerdings weist das aktuelle System eine zentrale Schwäche auf. Wie in einem Beitrag des ifo-Schnelldienstes mit dem Thema „Lohnt sich Arbeit noch? Lohnabstand und Arbeitsanreize im Jahr 2024“ beschrieben ist, hält sich der Zuwachs an verfügbarem Einkommen bei Arbeitnehmern mit kleinen und mittleren Einkommen in engen Grenzen, wenn der monatliche Bruttoverdienst steigt. Erhöht sich zum Beispiel das Bruttoeinkommen einer alleinerziehenden Person in einer Stadt mit mittlerem Mietniveau von 2.000 auf 3.000 Euro, erhöht sich das monatlich verfügbare Einkommen lediglich um 59 Euro. Ehepaare mit zwei Kindern und einem Monatseinkommen zwischen 3.000 und 5.000 Euro, die Sozialleistungen in Anspruch nehmen, profitieren ebenfalls kaum von einem Mehrverdienst.
Fazit
Arbeit lohnt sich finanziell. Die weit verbreitete Auffassung, dass Empfänger von Bürgergeld gegenüber Arbeitnehmern mit geringem Einkommen finanziell besser gestellt seien, trifft nicht zu. Dennoch gibt es Änderungsbedarf, damit sich ein Zuwachs beim Bruttoverdienst auch in einem stärkeren Zuwachs beim verfügbaren Einkommen niederschlägt.
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