Berufseinstieg bei einem Ingenieurdienstleister: Lohnt sich das?

Berufseinstieg bei einem Ingenieurdienstleister: Lohnt sich das?

Berufsleben | 14.04.2023

Ingenieurdienstleister sind Verleiher, gehören also zu den Zeitarbeitsfirmen. Viele Berufsanfänger meiden solche Unternehmen wegen des etwas angekratzten Rufs, doch das ist in vielen Fällen ein Vorurteil. Es kann sich für junge Ingenieure durchaus lohnen, ihre Karriere auf diese Weise zu beginnen.

Was bringt der Einstieg bei einem Ingenieurdienstleister?

Die Absolventen können sich am Anfang ihrer Karriere zunächst ausprobieren. Der Personaldienstleister schickt sie in verschiedene Unternehmen, die wiederum zu unterschiedlichen Branchen gehören und wo es diverse Projekte gibt. Mehr Erfahrung kann niemand sammeln, die doch gerade für Berufsanfänger essenziell ist. Sie erwerben dabei vielfältige Kompetenzen, die ihr Spektrum unglaublich erweitern. Das bei einem Einstieg in einem ganz bestimmten, etablierten Unternehmen in der Regel nicht möglich. Dort gibt es keinen Raum für das Hineinschnuppern in verschiedenste Tätigkeitsbereiche.

Woher kommt der schlechte Ruf der Personaldienstleister?

Die Zeitarbeitsfirmen gelten als Arbeitgeber zweiter Klasse, weil ihre Beschäftigten über viele Jahre weniger verdienten als die fest angestellten Arbeitnehmer des Unternehmens, an das sie verliehen wurden. Inzwischen wurde das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) neu formuliert.

Zu den wesentlichen Verbesserungen gehört “Equal Pay”, also gleiches Gehalt für die gleiche Arbeit. Grundsätzlich müssen daher Leiharbeitnehmer ebenso viel (pro Stunde) verdienen wie die Stammarbeitskräfte einer Firma. Allerdings ist es immer noch möglich, laut Tarifvertrag in den ersten neun Monaten der Überlassung abweichende Regelungen zu treffen. Daher ist durchaus anfangs mit finanziellen Abstrichen zu rechnen. Doch in etablierten Unternehmen verdienen junge Ingenieure nach der Ersteinstellung auch nur ein Einstiegsgehalt.

Karriereknick durch Berufsstart beim Ingenieurdienstleister vermeiden

Wer Karriere machen will, sollte möglichst eine lückenlose Berufsbiografie vorweisen. Das kann sich nach dem Studium als schwierig erweisen. Bachelorabsolventen etwa haben es oft sehr schwer, gleich eine Stelle in einer begehrten Branche zu finden. Eine der wesentlichen Voraussetzungen vonseiten der Arbeitgeber ist die Berufserfahrung. Auch profunde, in der Praxis erworbene IT-Kenntnisse werden verlangt.

Es ist daher wesentlich besser, sich zu etwas schlechteren Konditionen verleihen zu lassen, als gar nicht zu arbeiten und dabei schnell den Anschluss zu verlieren. Das gilt sogar für erfahrene Ingenieure. Auch sie sollten bei plötzlicher Arbeitslosigkeit über den Einstieg bei einem Ingenieurdienstleister nachdenken.

Arbeitsverleihung als Testlauf für junge Ingenieure

Die Leiharbeit ist für Berufseinsteiger die Chance, ihre Präferenzen, die Branchen und einzelne Projekte zu testen. Es ist quasi eine Fortsetzung des Studiums in der Praxis mit einem Gehalt, das gar nicht mal so schlecht ausfallen muss. Wer konkrete Ziele anstrebt, kann auf diese Weise testen, ob die bevorzugte Branche und der angestrebte Tätigkeitsbereich tatsächlich so attraktiv sind, wie es im Studium erschien.

In anderen Fällen wissen die Absolventen noch gar nicht so genau, wo sie eigentlich hin wollen. Auch für diese Gruppe ist der Karrierestart bei einem Ingenieurdienstleister absolut zu empfehlen. Darüber hinaus ist es nicht ausgeschlossen, dass die Absolventen gerade an ihr Wunschunternehmen verliehen werden - oder es gar erst als verliehener Ingenieur kennenlernen.

Natürlich gehören Offenheit und Flexibilität zu so einem Karrierestart, doch das wird sich später auszahlen - möglicherweise sogar sehr schnell. Natürlich ist es wichtig, nicht zu spät den Absprung in die Festanstellung zu schaffen, was durch gutes Networking gelingen kann.

Dr. Hans-Peter Luippold

Autor: Dr. Hans-Peter Luippold

Dr. Hans-Peter Luippold studierte Betriebswirtschaft in Freiburg und Köln und sammelte als Führungskraft bei Daimler, Volkswagen, Lufthansa, Wella und Vorwerk Erfahrungen in allen wesentlichen Unternehmensbereichen. Seit April 2000 ist er als Unternehmens- und Personalberater in Frankfurt am Main tätig. Er hält regelmäßig Vorträge und lehrt zu den Themen Erfolg und Karriere. Vernetzen Sie sich mit ihm über Xing und LinkedIn.