Jobinterviews: Welche Arten gibt es?

Jobinterviews: Welche Arten gibt es?

Professionell bewerben | 09.02.2019

Nicht immer werden Sie direkt zu einem Jobinterview eingeladen. Oft findet das ersten Kennenlernen Online per Skype statt. Online oder Offline: Es gibt verschiedene Formen des Interviews. Lernen Sie in diesem Artikel, welche Formen von Bewerbungsgesprächen es gibt.

Welche Arten von Jobinterviews gibt es?

Ein Jobinterview kann in unterschiedlichen Formen ablaufen. Das betrifft zunächst einmal die Präsenz des Bewerbers beim Arbeitgeber. Diese ist nicht unbedingt erforderlich: Es gibt auch Bewerbungsgespräche, die am Telefon oder per Videochat durchgeführt werden. Das bietet sich an, wenn der Bewerber sehr weit entfernt wohnt. Im Gegensatz zu diesen telefonischen Bewerbungsgesprächen finden die Präsenzbewerbungsgespräche beim Arbeitgeber statt, zu welchem der Bewerber anreist. In seltenen Fällen trifft sich auch ein Personalchef mit dem Bewerber an einem neutralen Ort zum Präsenzbewerbungsgespräch. Die andere Unterscheidung der Bewerbungsgespräche betrifft die Art der Interviewführung. Diese wollen wir uns etwas näher anschauen.

Offenes Jobinterview

Das offene, freie oder unstrukturierte Interview gleicht einem normalen Gespräch und wirkt spontan. Doch Vorsicht: Der Personaler weiß genau, was er von Ihnen erfahren möchte. Dennoch bringt die lockere Form den Vorteil mit sich, dass Sie den Gesprächsverlauf aktiv beeinflussen können. Mit Ihren Antworten bestimmen Sie die Richtung eines offenen Interviews. Es gibt aber den Nachteil, dass Ihre Antworten sehr subjektiv ausgelegt werden. Schon die flexible Gesprächsführung sorgt für eine subjektive Richtung. Diese ist zudem schwer vorhersagbar.

Standardisiertes Interview

Dieses strukturierte Interview ist das genaue Gegenteil vom offenen Interview, denn es folgt einem vorher definierten und daher festen Ablauf. Für diesen hat der Personaler eine Liste vorbereitet, deren Fragen er Punkt für Punkt abarbeitet. Ihre Antworten bewertet er realtime mit einem Bewertungsformular. Der Vorteil sind die exakten Rahmenbedingungen, auf die Sie sich einstellen können, zudem kommen alle wesentlichen Themen zur Sprache. Das ist auch für Ihre persönliche Informationslage günstig, denn schließlich wollen Sie auch selbst etwas im Bewerbungsgespräch erfahren. Ein Nachteil ist die mangelnde Flexibilität, die zu einem Verhörszenario führen kann. Einige Bewerber fühlen sich bei standardisierten Interviews sehr unwohl. Daher hat man als Zwitter

das halb standardisierte Interview

entwickelt. Es mischt die beiden genannten Formen, ist strukturiert, erscheint aber dennoch zwanglos.

Multimodale Interviews

Dieser junge Interviewtyp ähnelt sehr dem halb standardisierten Interview. Es gibt einen Leitfaden und offene Phasen für die flexible Gesprächsentwicklung. Dennoch gibt es eine feste Vorgabe: Es sollen genau acht Gesprächsteile abgearbeitet werden, von denen fünf in die spätere Bewertung einfließen. In den anderen drei Teilen erhalten Sie wertvolle Informationen, außerdem lockert sich das Gespräch auf. Die acht Phasen sind:

  • Gesprächsbeginn
  • Selbstvorstellung
  • Fragen zum Beruf
  • offene Interviewfragen
  • Fragen zur Biografie, Erfahrungen und Interessen
  • Tätigkeitsinformationen für Sie
  • situatives Interview
  • Gesprächsabschluss


Diese moderne Form des Bewerbungsgesprächs praktizieren noch nicht viele Firmen, weil die Strukturierung viel Disziplin verlangt. Dennoch soll eine echte Wohlfühlatmosphäre geschaffen werden. Wenn sich Personaler an die multimodale Form gewöhnt haben, könnte sie zum neuen Standard aufsteigen.

Das Stressinterview

Stressinterviews nutzen Psychologen, das Militär und neuerdings auch Personalchefs von Firmen, die anspruchsvolle Jobs zu vergeben haben. Ein gewisser Stressanteil ist ohnehin in jedem Jobinterview enthalten, er soll den Bewerber auf seine emotionale Belastbarkeit testen. Ein reines Stressgespräch betont diesen Anteil sehr stark, die Fragestellungen sind generell - wenn sie nicht reine Fakten betreffen - konfrontativ. Das ist etwas für konfliktbewusste Bewerber mit starken Nerven.

Situative Interviews

Auch diesen Baustein der situativen Fragestellung enthält im Grunde jedes Interview, aber der Personalchef kann auch das gesamte Gespräch so führen beziehungsweise - wichtig zu wissen - so aussehen lassen. Dabei werden ständig Situationen durchgespielt, die im Arbeitsalltag vorkommen. Der Bewerber soll beweisen, dass er diesen Situationen gewachsen wäre bzw. sie aus früheren Jobs kennt. Was wie ein zwangloses Spiel wirkt, folgt in Wahrheit einem kunstvollen Aufbau, der den Bewerber ablenkt und dem Personaler die Gelegenheit verschafft, bestimmte Fragen unterzubringen. Diese stellt er fast beiläufig. Stellen Sie sich darauf ein, wenn Sie merken, dass Sie in ein situatives Interview geraten sind. Der Personaler möchte Ihre Aufmerksamkeit und Ihre emotionale Belastbarkeit prüfen. Der Vorteil für Sie ist, dass Sie realitätsnah Ihre Fähigkeiten unter Beweis stellen können. Allerdings sind Rollenspiele nicht jedermanns Sache. Dennoch gehören Sie beispielsweise im Assessment-Center zum Standardbaustein.

Können Sie sich auf bestimmte Interviewformen gezielt einstellen?

Leider nein, und zwar aus zwei Gründen: Zunächst einmal ist kein Personalchef verpflichtet, Sie vorab über seine Fragetechnik zu unterrichten. Der zweite Grund ist noch wichtiger: So klar und rein, wie wir hier die verschiedenen Formen von Bewerberinterviews aufführen, treten sie in der Praxis meistens nicht auf. Sie mischen sich, teilweise wird die Mischung sogar - wie im halb standardisierten und multimodalen Interviews - direkt kultiviert. Reine Stressinterviews dürfte es nur selten geben, es sei denn, Sie bewerben sich auf eine Stelle, auf der Stress absolut vorprogrammiert ist wie etwa bei der Polizei oder beim Zoll. Dann könnte der Personaler durchaus über eine ganze Stunde Ihre Stressresistenz testen. Nehmen Sie daher diese möglichen Formen zur Kenntnis und stellen Sie sich auf ihre Elemente grundsätzlich ein. Was Sie erwartet, können Sie nicht wissen. Es nutzt auch nicht viel, andere Bewerber zur Interviewtechnik des Personalers auszufragen, denn dieser kann seine Techniken tagtäglich und/oder situativ wechseln. Personalchefs werden sehr gut ausgebildet und verfügen über ein breites Repertoire an Techniken, die sie bedarfsweise einsetzen. Ihnen bleibt nur, sich auf faktische Fragen gut vorzubereiten und ansonsten an Ihrer emotionalen Belastbarkeit zu arbeiten. Üben Sie, in kommunikativen Konfliktsituationen gelassen zu bleiben - das hilft Ihnen bei jeder Form des Bewerbungsgesprächs.

 
Dr. Hans-Peter Luippold

Autor: Dr. Hans-Peter Luippold

Dr. Hans-Peter Luippold studierte Betriebswirtschaft in Freiburg und Köln und sammelte als Führungskraft bei Daimler, Volkswagen, Lufthansa, Wella und Vorwerk Erfahrungen in allen wesentlichen Unternehmensbereichen. Seit April 2000 ist er als Unternehmens- und Personalberater in Frankfurt am Main tätig. Er hält regelmäßig Vorträge und lehrt zu den Themen Erfolg und Karriere. Vernetzen Sie sich mit ihm über Xing und LinkedIn.