Arbeitnehmerüberlassung: Das sollten Sie wissen

Arbeitnehmerüberlassung: Das sollten Sie wissen

Berufsleben | 02.10.2019

Was versteht man unter Arbeitnehmerüberlassung? Was muss ich über Leiharbeit wissen? Welche Vorteile bietet die Arbeitnehmerüberlassung? Alles Wissenswerte über die Tätigkeit als Zeitarbeitnehmer erfahren Sie in diesem Artikel.

ARBEITNEHMERÜBERLASSUNG: DEFINITION

Von Arbeitnehmerüberlassung wird im Allgemeinen gesprochen, wenn ein Arbeitnehmer von seinem Arbeitgeber zu einem anderen Arbeitgeber überlassen wird. Die Überlassung erfolgt gegen Entgelt. In diesem Zusammenhang wird auch häufig vom Verleiher als Arbeitgeber und von einem Entleiher als dritten Arbeitgeber gesprochen. Die Entleiher werden auch als Personaldienstleister bezeichnet. 

Eine Arbeitnehmerüberlassung erfolgt immer nur über einen begrenzten Zeitraum. Die Rechte und Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis bleiben beim Arbeitgeber (Verleiher) bestehen. Weitere Bezeichnungen für die Arbeitnehmerüberlassung sind zum Beispiel Leiharbeit, Zeitarbeit oder Personalleasing.

Als Rechtsgrundlage für die Überlassung von Mitarbeitern in Deutschland gilt das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG). Die Umsetzung der Arbeitnehmerüberlassung resultiert aus der europäischen Richtlinie 2008/104/EG. Arbeitsbedingungen für Zeitarbeit  in Deutschland sind auch im Mindestlohngesetz und Arbeitnehmer-Entsendegesetz festgelegt.

 

ARBEITNEHMERÜBERLASSUNG: DIE ERLAUBNIS

Unternehmen, die sich mit der Vermittlung von Leiharbeitern befassen, benötigen für ihre Tätigkeit in Deutschland eine Erlaubnis der Bundesagentur für Arbeit. Die Erlaubnis kann unter bestimmten Voraussetzungen widerrufen oder versagt werden. Mittlerweile benötigen auch konzerninterne Personalgesellschaften, die Mitarbeiter zum Selbstkostenpreis an andere Konzernunternehmen übermitteln, eine Erlaubnis.

Bei unerlaubter Arbeitnehmerüberlassung wird ein Arbeitsverhältnis zum Entleiher vorgetäuscht. Verstöße gegen die Regeln der Arbeitnehmerüberlassung werden mit hohen Geldbußen geahndet.

Eine Erlaubnis ist nicht erforderlich bei der Überlassung von Arbeitnehmern zwischen zwei Arbeitgebern desselben Wirtschaftszweiges, wenn damit Kurzarbeit oder Entlassungen vermieden werden und der geltende Tarifvertrag solch eine Überlassung zulässt. Ebenso bedarf es keiner Erlaubnis, wenn die Entleihe zwischen zwei Konzernunternehmen erfolgt und der Arbeitnehmer nicht nur zum Zweck der Überlassung eingestellt wurde. Auch ist es nicht erforderlich eine Erlaubnis zu besitzen, wenn die Überlassung eines Leiharbeitnehmers nur gelegentlich erfolgt.

Wenn eine Überlassung schriftlich der Arbeitsagentur angezeigt wird und die Arbeitnehmerüberlassung zu einem Arbeitgeber bzw. Betrieb mit weniger als 50 Beschäftigten erfolgt und die Überlassung zur Vermeidung von Kurzarbeit erfolgt ist auch keine Erlaubnis erforderlich.

Da das Arbeitsrecht in Deutschland davon spricht, dass die Dauer von 18 Monaten für einen Arbeitsplatz gilt, wird die Grenze häufig umgangen. Der dritte Arbeitnehmer (Entleiher) besetzt einfach eine Vielzahl von Dauerarbeitsplätzen mit Leiharbeitnehmern und versetzt diese spätestens alle 18 Monate. Dadurch ist es möglich, Leiharbeitnehmer über einen langen Zeitraum zu beschäftigen.

Neben dieser Möglichkeit gibt es auch immer wieder Tarifverträge oder Betriebsvereinbarungen, die eine längeren Einsatz von Leiharbeitnehmern als 18 Monate vorsehen. Teilweise können so Leiharbeiter über mehrere Jahre eingesetzt werden.

 

ÜBERLASSUNGSHÖCHSTDAUER VON LEIHARBEITNEHMERN

Die Überlassungshöchstdauer beträgt in Deutschland 18 Monate. Ein Leiharbeitnehmer darf höchstens 18 Monate auf demselben Arbeitsplatz bei einem Arbeitgeber arbeiten. Eine Überschreitung der Höchstüberlassungsdauer führt zu einem unwirksam werden des Vertrags zwischen dem eigentlichen Arbeitgeber und dem dritten Arbeitgeber.

Nur wenn der Mitarbeiter einen Monat nach Ablauf der 18 Monate schriftlich erklärt, dass er mit dem Festhalten des Arbeitsvertrages einverstanden ist, gilt der Arbeitsvertrag weiter. Sollte der Leiharbeiter diese Erklärung nicht abgeben, entsteht aufgrund des Gesetzesfiktion ein Arbeitsvertrag zwischen dem Leiharbeiter und dem dritten Arbeitgeber (Entleiher).

VERTRAGSBEZIEHUNGEN BEI ARBEITNEHMERÜBERLASSUNG

 

LEIHARBEITNEHMER

Arbeitgeber des Leiharbeitnehmers ist der Verleiher. Dieser ist dazu verpflichtet, sämtliche arbeitsvertraglichen, tarifvertraglichen und gesetzlichen Arbeitnehmerrechte einzuhalten. Im Unterschied zu einem normalen Arbeitsverhältnis leistet der Leiharbeitnehmer seine Arbeitsleistung nicht bei seinem Arbeitgeber, dem Personaldienstleister, in dessen Betrieb ab, sondern bei einem dritten Arbeitgeber, dem Entleiher.

Das Weisungsrecht des Arbeitgebers wird auf den Entleiher übertragen. Der Leiharbeitnehmer verfügt über denselben Kündigungsschutz wie jeder normale Arbeitnehmer auch. Die maßgebliche Arbeitszeit für einen überlassenen Angestellten ist die Arbeitszeit des dritten Arbeitgebers. Wird in diesem Betrieb beispielweise 40 Stunden pro Woche gearbeitet, muss auch der überlassene Angestellte 40 Stunden pro Woche arbeiten.

 

VERLEIHER

Zwischen dem ausgeliehenen Angestellten und dem ausleihenden Arbeitgeber (Verleiher) wird ein normaler Arbeitsvertrag geschlossen. Eine wesentliche Besonderheit ist lediglich, dass der Arbeitgeber seinen Arbeitnehmer an einen Dritten verleihen kann. Der ausleihende Arbeitgeber (Verleiher) übernimmt in der Regel keine Gewährleistung für die ausgeführte Arbeit des Leiharbeiters und auch keine Haftung für einen Ausfall. Er übernimmt lediglich eine Gewährleistung dafür, dass der Leiharbeiter den geforderten Qualifikationen entspricht.

Zwischen dem ausleihenden Arbeitgeber und dem leihenden Arbeitgeber wird in der Regel ein Stundensatz für die geleistete Arbeit vereinbart, der nicht gleich dem Lohn des Arbeitnehmers ist. Insbesondere bei Ingenieur-Tätigkeiten ist eine enorme Differenz zwischen dem Lohn und dem Entgelt üblich. Teilweise wird als Entgelt der Dreifache Bruttolohn vereinbart. Normalerweise entspricht das Entgelt einem Prozentsatz von 170 Prozent bis 190 Prozent des Bruttoentgeltes.

 

ENTLEIHER

Der dritte Arbeitgeber profitiert in diesem Fall davon, dass er zum Leiharbeitnehmer keine Vertragsbeziehung aufbaut und damit keine arbeitsrechtlichen Ansprüche erfüllen muss. Ein Risiko besteht hingegen, wenn der Überlassungsvertrag zwischen dem eigentlichen Arbeitgeber und dem dritten Arbeitgeber nichtig ist. Dann tritt aufgrund der gesetzlichen Fiktion ein Arbeitsverhältnis zwischen dem Leiharbeitnehmer und dem dritten Arbeitgeber ein. Zusätzlich haftet der dritte Arbeitgeber im Rahmen der Subsidiärhaftung für vom eigentlichen Arbeitgeber nicht gezahlte Sozialversicherungsbeiträge und die Lohnsteuer.

 

DAS ARBEITNEHMERÜBERLASSUNGSGESETZ

Im Arbeitnehmerüberlassungsgesetz wir z.B. folgendes geregelt:

  • Höchstüberlassungsgrenze
  • Regelung, dass Leiharbeitnehmer nach neun Monaten das gleiche Entgelt erhalten sollen wie Stammarbeiter.
  • Unzulässigkeit des Einsatzes von Leiharbeitnehmern für die Übernahme von streikenden Beschäftigten

Ein Weiterverleih, Ketten-oder Zwischenverleih ist nach dem Arbeitnehmerüberlassungsgesetz AÜG nicht erlaubt und wird als Ordnungswidrigkeit mit  hohen Geldbußen belegt. Man spricht von Weiterverleih, wenn ein Entleiher einen Leiharbeiter als „Verleiher“ wiederum an ein weiteres Unternehmen verleiht.

 

VORTEILE DER ARBEITNEHMERÜBERLASSUNG

Für den dritten Arbeitgeber hat der Einsatz von Arbeitnehmerüberlassung oder Zeitarbeit den Vorteil, dass dieser kurzfristige Auftragsspitzen oder langfristige Arbeitsausfälle ohne eigenes Personal abdecken kann. Ihm ist es so möglich, eine kleine Stammbelegschaft vorzuhalten und für den Fall, dass eine Auftragsflaute herrscht sein unternehmerisches Risiko zu minimieren. Zusätzlich sehen Tarifverträge für die Zeitarbeit meistens geringere Entgelte vor als die eigentlich geltenden Tarifverträge. Zusätzlich sparen sich die Arbeitgeber aufwendige Ausschreibungs- und Einstellungsverfahren.

Für den Mitarbeiter bietet sich im Falle einer Arbeitnehmerüberlassung der Vorteil, dass dieser bei einem Leiharbeit Einsatz Berufspraxis erhält und sich im Betrieb beweisen kann. Häufig werden Leiharbeiter, die eine Zeit lang in einem Unternehmen gearbeitet haben und dabei eine gute Arbeitsleistung gezeigt haben, vom Unternehmen übernommen und fest angestellt.

 

FAZIT

Insgesamt bietet die Arbeitnehmerüberlassung oder Zeitarbeit sowohl für die Arbeitnehmer als auch den Unternehmer überwiegend Vorteile. Während der Leiharbeitnehmer Einblick in das Unternehmen und das Berufsleben erhält und Erfahrung sammelt, kann der Unternehmer auf kurzfristige Auftragsspitzen oder langfristige Arbeitsausfälle unkompliziert reagieren und spart aufwendige Ausschreibungs- und Bewerbungsprozesse.

Speziell für längerfristig Arbeitslose kann sich die Arbeit in einer Zeitarbeitsfirma auszahlen. Sie kommen so zurück in das Berufsleben und erhalten die Chance, ihre Qualifikation in verschiedenen Betrieben unter Beweis zu stellen und auszubauen.

Einige Punkte sind jedoch zu beachten, damit beide Seiten von der Zeitarbeit profitieren. Die Grenzen der Arbeitnehmerüberlassung sollten nicht ausgereizt werden. Alle Vertragsparteien sollten daher darauf achten, dass die Leiharbeit im Rahmen der gesetzlichen Grenzen erfolgt und niemand ausgenutzt wird. Dann profitieren alle Beteiligten von dieser Form der Mitarbeitergewinnung und von den vielfältigen Vorteilen der Leiharbeit.

Dr. Hans-Peter Luippold

Autor: Dr. Hans-Peter Luippold

Dr. Hans-Peter Luippold studierte Betriebswirtschaft in Freiburg und Köln und sammelte als Führungskraft bei Daimler, Volkswagen, Lufthansa, Wella und Vorwerk Erfahrungen in allen wesentlichen Unternehmensbereichen. Seit April 2000 ist er als Unternehmens- und Personalberater in Frankfurt am Main tätig. Er hält regelmäßig Vorträge und lehrt zu den Themen Erfolg und Karriere. Vernetzen Sie sich mit ihm über Xing und LinkedIn.