Was darf ich als Bewerber fragen?

Was darf ich als Bewerber fragen?

Professionell bewerben | 19.04.2023

Haben Sie noch Fragen? Spätestens am Ende eines Bewerbungsgesprächs haben Sie Gelegenheit, Ihre Fragen zum neuen Job zu stellen. Jetzt können Sie punkten und sich von Ihren Konkurrenten differenzieren. Lernen Sie in diesem Artikel wie.

Welche Fragen sollten Sie im Vorstellungsgespräch stellen?

Im Vorstellungsgespräch stellt nicht nur der Personaler Fragen, Sie dürfen und sollten selbst auch geschickt nachfragen. Das wird erwartet, verbessert deutlich Ihr Auftreten und bringt Ihnen außerdem wichtige Informationen.

Warum sollten Sie selbst Fragen stellen?

Es handelt sich immerhin um ein Gespräch, das niemals einseitig verlaufen darf. Wenn nur eine Person fragt und die andere antwortet, wäre die Kommunikation eher ein Verhör. Durch Ihre eigenen Fragen verraten Sie zudem viel über Ihre Person, Ihre Interessen, Ihr Taktgefühl und Ihre Intelligenz. Viele Fragen können Sie so stellen, dass der Personaler daraus Ihre gute Vorbereitung auf das Gespräch erkennt - nämlich Fragen zum Unternehmen. Allerdings müssen Sie Ihre Fragen sinnvoll und zielführend stellen. Dazu gehören zwei Dinge: eine gute Recherche im Vorfeld und eine gute Fragetechnik. Beim Recherchieren zum Unternehmen fallen Ihnen garantiert einige Fragen ein. Schauen Sie sich also die Homepage des Unternehmens an, informieren Sie sich über den generellen Background und studieren Sie auch aktuelle Projektplanungen. Allerdings müssen Sie einen Bezug zu derjenigen Stelle finden, für die Sie sich bewerben. Ansonsten arten die Fragen in weitschweifiges Geplauder aus, und dafür hat zumindest der Personaler keine Zeit. Sie könnten vielleicht nach Expansionsplänen des Unternehmens fragen und sich erkundigen, ob deshalb die von Ihnen angestrebte Stelle ausgeschrieben wurde. Wenn Sie so gezielt fragen, sollten Sie die Quelle Ihrer Information angeben. Des Weiteren gehören Fragen zur Stellenanzeige selbst in Ihren Katalog. Diese Fragen erwartet der Personalchef auf jeden Fall. Wer sich für eine bestimmte Position bewirbt, sollte sich für den Aufgabenbereich wirklich interessieren.

Fragen zur Stellenanzeige

Keine Stellenanzeige kann ausführlich formuliert werden, dass sie alle Fragen beantwortet. An dieser Stelle können Sie immer ansetzen. Erkundigen Sie sich nach dem Einstellungsverfahren des Unternehmens, nach Herausforderungen im Assessmentcenter, nach möglichen Weiterbildungen, nach dem Anteil von Projektarbeiten in der ausgeschriebenen Position, nach Ihrem künftigen Team, den Marktsegmenten, der Arbeitszeit und Ihrer Probezeit. Diese Fragen gelten bei einer Vorstellung als selbstverständlich. Der Personaler hat sich darauf vorbereitet.

Dos & Don'ts bei Fragen im Vorstellungsgespräch

Es gibt einige Dos & Don'ts, auf die Sie achten müssen. Sie betreffen im Prinzip die Fragetechnik. Ihre Beachtung verrät viel über Ihre Soft Skills, im Speziellen Ihre sozialen und kommunikativen Kompetenzen.

Dos

  • fester Händedruck
  • direkter Blickkontakt und zugewandte Körperhaltung
  • ein freundliches Lächeln
  • zuhören und Notizen machen
  • angemessen gestikulieren
  • exakte Beantwortung von Fragen
  • offene Fragen (W-Fragen: Wer? Wie? Wo? Was? Warum? Wann?)
  • eigene Aussagen mit Beispielen belegen

Anpassung der Sprache an die ausgeschriebene Position (Führungsposition: deutliches Selbstbewusstsein, Fachposition: hohe Sachkompetenz bei gleichzeitiger Bescheidenheit)

Don'ts

  • geschlossene Fragen (lassen nur ja oder nein zu)
  • Personalverantwortlichen unterbrechen
  • Blick abwenden
  • zögerlich sprechen
  • zu viel sprechen
  • verschlossene Körperhaltung

Die Bedeutung von Notizen

Sie sollten sich in jedem Fall einige Notizen machen, allerdings ist hier Fingerspitzengefühl gefragt. Natürlich erwartet der Personalchef, dass Sie sich wesentliche Fakten aufschreiben, ansonsten würden Sie desinteressiert und oberflächlich wirken. Wenn Sie allerdings nonstop mitschreiben wie eine Stenotypistin, setzen Sie sich dem Verdacht aus, dass Sie gerade Dutzende von Unternehmen abklappern und sich daher unmöglich die Details merken können. Diese Bewerbungen en masse machen nicht den allerbesten Eindruck, denn bei so einem Vorgehen muss Ihnen zwangsläufig der Fokus verloren gehen. Ein normales, emotional gesundes Vorgehen im Bewerbungsprozess führt dazu, dass sich ein Bewerber bei rund drei bis sechs Unternehmen vorstellt - pro Runde sozusagen. Er lässt dabei auch Eindrücke auf sich wirken, die sich nicht aus bloßen Fakten ergeben. Ab dem zehnten Unternehmen kann man sich solche Eindrücke nicht mehr merken. Man weiß nicht mehr, wie das Unternehmen von außen aussah, wie der Anfahrtsweg beschaffen war und welcher Personalchef zu dieser Erinnerung gehört. Erst recht könnten Sie bei so einer Massenabfertigung das Unternehmen nicht mehr der Stelle zuordnen. Wichtig zu wissen: Der Personalchef geht umgekehrt natürlich genauso vor. Er interviewt für eine Stellenausschreibung garantiert mehrere Dutzend Bewerber. Doch das gilt immer noch als legitim (trotz des Personalmangels und des Wechsels der Arbeitgeber von der Angebots- auf die Nachfrageseite). Das Unternehmen ist der Chef und schaut sich viele Leute an, Sie sind der Beschäftigte und freuen sich, wenn Sie die Stelle bekommen. Das verdeutlichen Sie mit der Art der Gesprächsführung und auch damit, wie Sie mit Ihren Notizen umgehen.

Ihre abschließenden Fragen im Vorstellungsgespräch

Ein gutes Gespräch ist wie eine gute Komposition mit Einleitung, Hauptteil und Schluss (sowie Phasen der An- und Entspannung). Achten Sie also auch auf Ihre letzten Fragen, die zu einem Abschluss führen sollen. Solche Fragen sind unter anderem:

  • “Wer wäre denn mein Vorgesetzter?“
  • “Könnte ich kurz meinen künftigen Arbeitsplatz sehen?”
  • “Wie lange hat denn mein Vorgänger auf dieser Position gearbeitet? Wurde er befördert oder ist er ausgeschieden?“

Fassen Sie bei der letzten Frage nicht allzu intensiv nach, falls Ihr Vorgänger wirklich ausgeschieden ist. Das kann alle möglichen Gründe haben, der Kollege könnte umgezogen sein. Natürlich zielt diese Frage ganz subtil auf das Arbeitsklima im Unternehmen. Kündigen hier manchmal die Leute oder werden Sie schnell gefeuert? Doch Sie sprechen diesen Verdacht nicht aus. Ein kluger Personaler erkennt Ihre Taktik und schätzt durchaus Ihre Fragekompetenz, ein nicht ganz so kluger Personalchef kratzt sich am Kopf, nachdem Sie gegangen sind. Das ist nicht schlimm: Er denkt ja erst später darüber nach, ob er Sie einstellen würde. Wichtig ist nur, dass Sie überhaupt bestimmte Fragen stellen.

Foto: © dusanpetkovic1 adope stock

Dr. Hans-Peter Luippold

Autor: Dr. Hans-Peter Luippold

Dr. Hans-Peter Luippold studierte Betriebswirtschaft in Freiburg und Köln und sammelte als Führungskraft bei Daimler, Volkswagen, Lufthansa, Wella und Vorwerk Erfahrungen in allen wesentlichen Unternehmensbereichen. Seit April 2000 ist er als Unternehmens- und Personalberater in Frankfurt am Main tätig. Er hält regelmäßig Vorträge und lehrt zu den Themen Erfolg und Karriere. Vernetzen Sie sich mit ihm über Xing und LinkedIn.