Boreout: Langeweile im Job? Strategien gegen Unterforderung

Boreout: Langeweile im Job? Strategien gegen Unterforderung

Berufsleben | 21.02.2024

Burnout ist vermutlich jedem Menschen ein Begriff, während Boreout ein eher schwer greifbares Phänomen ist. Dabei kann nicht nur chronische Überforderung den Körper und die Psyche belasten, sondern auch Unterforderung, Unzufriedenheit und Langeweile im Büro. Lesen Sie hier alles über das Boreout-Syndrom und lernen Sie effektive Bekämpfungs- und Präventionsstrategien kennen.

Das Wichtigste zum Thema „Boreout am Arbeitsplatz“ auf einen Blick

  • Der Begriff Boreout kommt aus dem Englischen: „to bore“ = langweilen, „boredom“ = Langeweile.
  • Betroffene, die am Boreout-Syndrom leiden, fühlen sich in ihrem Arbeitsleben gelangweilt und stark unterfordert.
  • Die psychischen und auch die physischen Folgen der Unterforderung bei der Arbeit können ähnlich verheerend wie bei einem Burnout sein. Auch Depressionen sind nicht selten.
  • Leiden die Betroffenen über längere Zeit an einem Boreout-Syndrom, so schwindet das Interesse am Job, am Unternehmen und häufig an der gesamten Branche. Das persönliche Engagement wird stark reduziert und nur noch Dienst nach Vorschrift geleistet.

Was ist eigentlich ein Boreout?

Aufgrund der noch nicht ausreichenden Forschungslage gibt es keine allgemeine Definition von Boreout. Zum ersten Mal haben im Jahr 2007 die beiden Unternehmensberater Peter Werder und Philippe Rothlin den Begriff in ihrem Buch „Diagnose Boreout“ beschrieben. Der Fachbegriff „Boreout“ lehnt sich an das Burnout-Syndrom (Ausgebrannt-Sein) an: „Boredom“ kommt aus dem Englischen und bedeutet übersetzt „Langeweile“ bzw. „ausgelangweilt sein“. Das mag sich vielleicht harmlos anhören, doch für die Betroffenen kann dieser Zustand ernsthafte gesundheitliche Folgen nach sich ziehen und sie krank machen.

  • Boreout heißt nämlich nicht nur, sich im Job gelangweilt zu fühlen aufgrund einer mangelhaften Auslastung.
  • Vielmehr beschreibt das Boreout Syndrom eine permanente chronische Unterforderung, die für die Betroffenen zu einer mentalen und körperlichen Belastung wird.
  • Diese Unterforderung und Unzufriedenheit im Job erwächst aus einem Missverständnis zwischen den eigenen Fähigkeiten sowie dem Aufgabeninhalt und -umfang.
  • Boreout-Betroffene sind für die zu erledigenden Tätigkeiten überqualifiziert und können ihre volle Leistungsfähigkeit nicht entfalten.
  • Die Arbeitsaufgaben werden als anspruchslos empfunden und die Betroffenen fühlen sich nutzlos sowie ersetzbar. Dieses Problem verschärft sich gerade in aktuellen Zeiten, in denen Computertechniken wie KI viele Arbeitsaufgaben übernehmen.
  • Personen, die an einem Boreout leiden, zeichnen sich durch eine hohe Motivation sowie ein sehr ausgeprägtes Pflichtbewusstsein aus. Sie möchten viel leisten, können das im Arbeitsalltag jedoch nicht tun, weil es die Arbeitsinhalte nicht zulassen.

Die Deutsche Universität für Weiterbildung (DUW) konnte im Rahmen einer wissenschaftlichen Studie aufzeigen, dass rund 10 % der Arbeitnehmer vom Boreout-Phänomen betroffen sind.

Die 5 Boreout-Phasen im Überblick

Boreout treibt die Betroffenen schnell in eine Negativspirale. Die permanente Unterforderung ist nämlich sowohl für die Psyche als auch für den Körper eine intensive Last. Das tägliche Versteckspiel vor den Arbeitskolleginnen und -kollegen mündet häufig in einen dauerhaften Gewissenskonflikt und infolgedessen nimmt die gesundheitliche Belastung noch weiter zu. Die Langeweile im Büro führt zu Stress, dieser wiederum ist der Auslöser für diverse psychische Probleme.

Dieser Abwärtstrend lässt sich in 5 verschiedenen Phasen einteilen:

  1. Kein Interesse, kein Sinn & mehr Ablenkung

Quantitative Unterforderung und qualitative Unterforderung im Job führt zu einem Interessenverlust an der Arbeit. Infolgedessen lenken sich die Betroffenen während der Arbeitszeit häufig mit privaten Angelegenheiten ab und die Leistungsfähigkeit schwindet.

  1. Zunehmender Frust, weniger Wertschätzung

Anhaltende Unterforderung führt zu einer hohen Frustration und frustrierte Mitarbeiter neigen zu Sarkasmus und Verbitterung.

  1. Negative Außenwirkung

Die Gereiztheit und die schlechte Stimmungslage der Betroffenen fallen zunehmend auch dem Umfeld auf. Kollegen und Arbeitgeber ziehen daraus ihre Konsequenzen. So werden Arbeitsaufgaben an andere Mitarbeiter verteilt und die soziale Interaktion untereinander nimmt zunehmend ab.

  1. Innere Kündigung und Krankmeldung

Der Frust, die Monotonie und der Motivationsverlust nehmen immer weiter zu. Die Betroffenen haben innerlich schon gekündigt und werden krank.

  1. Belastete Zusammenarbeit

Die häufige Abwesenheit erschwert eine konstruktive und loyale Arbeit im Unternehmen. Das Miteinander wird zunehmend schwieriger. Infolgedessen kann es zu Krisengesprächen, Abmahnungen und letztlich sogar zur Kündigung kommen.

Langweiliger Job oder Boreout? – Wo ist eigentlich der Unterschied?

Es ist wichtig, zwischen einem langweiligen Beruf sowie einer ernst zu nehmenden Erkrankung zu differenzieren, die auf eine mangelnde Auslastung am Arbeitsplatz zurückzuführen ist. In nahezu jedem Unternehmen gibt es Routineaufgaben und weniger interessante Tätigkeiten. Ein guter Vorgesetzter sorgt jedoch dafür, dass reizlose Aufgaben auf mehrere Mitarbeiter gleichmäßig verteilt werden. Auf diese Weise lassen sich auch eher unangenehme Arbeiten effizient bewältigen und es gibt wieder Tage mit einer optimalen Arbeitnehmerauslastung und -forderung.

Unterschiedliche Erwartungen von Mitarbeitern und Vorgesetzten sowie das ausbleibende Gefühl der Wertschätzung sind der Nährboden ernsthafter Gesundheitsbeschwerden. Sehr problematisch ist auch, wenn Betroffene beobachten, wie andere Kollegen mit ihrer Weiterentwicklung an ihnen vorbeiziehen.

Ursachen des Boreout

Sich hauptsächlich über den Karriereerfolg zu definieren und sich vom Job eine identitätsstiftende Wirkung zu erhoffen, ist ein wichtiger Risikofaktor für ein Boreout-Syndrom. Kommen dazu noch weitere Umstände hinzu, steigt das Erkrankungsrisiko noch weiter an.

Zu den häufigsten Ursachen für Unterforderung und Langeweile am Arbeitsplatz gehören:

  • Falsche oder fehlende Aufgaben: Mangel an Herausforderungen am Arbeitsplatz.
  • Geringe Motivation mangels sinnstiftender Beschäftigung: „Warum mache ich das überhaupt?“
  • Fehlendes Feedback und geringe Wertschätzung durch Chefs und Kollegen.
  • Monotone Routineaufgaben (fehlende Abwechslung)
  • Ausbleibende Aufstiegs- und Erfolgsmöglichkeiten.

Auswirkungen & Symptome des Boreout

Nach außen hin macht sich ein Boreout nicht direkt bemerkbar. Die betroffenen Personen sind bemüht, ihre geringe Arbeitsauslastung zu verbergen, denn sie fürchten, gekündigt werden zu können. Darüber hinaus sind sie der Meinung, auf dem Arbeitsmarkt keine guten Chancen zu haben. Ebenso kann es sein, dass die Betroffenen einen Arbeitsplatzwechsel aus finanziellen Gründen vermeiden möchten. Dementsprechend wirkt es auf Außenstehende so, als seien sie äußerst beschäftigt: Aufgaben werden in die Länge gezogen und sogar Überstunden fallen an. Infolgedessen leidet das Selbstwertgefühl, der zunehmende Frust führt zu immer größeren gesundheitlichen Belastungen und es kommt zu einer Reihe an Symptomen des Boreouts.

Psychische Belastung – Boreout Syndrom:

  • Lustlosigkeit
  • Antriebslosigkeit
  • Orientierungslosigkeit
  • Ziellosigkeit
  • Panikattacken
  • Gereiztheit
  • Müdigkeit und Erschöpfung
  • Unzufriedenheit
  • Verzweiflung & Ohnmachtsgefühle
  • Sinnkrise

Körperliche Symptome von einem Boreout Syndrom:

  • Kopfschmerzen
  • Schlafstörungen
  • Tinnitus
  • Schwindelgefühle
  • Erhöhte Infektanfälligkeit
  • Magen-Darm-Beschwerden

Treten solche Warnanzeichen chronisch sowie über eine längere Zeitspanne auf, so sollten Sie unbedingt eine Ärztin oder einen Arzt um Rat bitten. Diese Symptome können nämlich auf einen Boreout hindeuten, es kann sich aber auch um erste Anzeichen einer Depression handeln. Diese Krankheit ist eine ernst zu nehmende Gefahr für die psychische Gesundheit. Abhängig von der medizinischen Diagnose hilft manchmal kein Jobwechsel, sondern lediglich eine Therapie.

Boreout vs. Burnout – wo ist der Unterschied?

Das Boreout-Phänomen gleicht in seiner Symptomatik einem Burnout, die Ursachen sind jedoch verschieden. Es handelt sich bei einem Boreout im Grunde um nichts anderes als um eine Form der Überforderung mit zu wenig Arbeit. Der Hauptunterschied zum Burnout-Syndrom ist, dass die Erschöpfung durch den Unterforderungsstress und nicht durch eine Überforderung verursacht wird. Ebenso wie ein Burnout entwickelt sich jedoch auch ein Boreout schleichend. Eine gute Work-Life-Balance stärkt die psychische Gesundheit und schützt vor Burnout und Boreout.

Boreout Therapie: Tipps & Strategien zur Bekämpfung & Prävention

Über längere Zeit von diesem Syndrom belastet zu sein, kann – ebenso wie auch beim Burnout – sehr negativ für die Gesundheit sein. Es ist daher in einem akuten Fall sehr wichtig, einen Ausweg zu suchen und gleichzeitig immer einige Strategien parat zu haben, um einen (erneuten) Boreout zu vermeiden. Wer sich als Arbeitnehmer mit diesem wichtigen Thema auseinandersetzt, hat den ersten Schritt zur Prävention bereits getan. Sie können einen Boreout vermeiden, wenn Sie mehr über die konkreten Ursachen und die Symptome wissen sowie effiziente Bewältigungsstrategien wie Upskilling kennen.

Die eigene Situation erkennen und analysieren

Wenn Sie einen Boreout vermeiden möchten, ist es sinnvoll, zunächst einmal die eigene Situation zu beobachten:

  • Wie geht es Ihnen konkret in Ihrem Job?
  • Wie verbringen Sie den überwiegenden Teil Ihrer Arbeitszeit?
  • Was macht Ihnen im Arbeitsalltag besonders viel Freude und was langweilt Sie eher?
  • Was wünschen Sie sich für die Zukunft?

Notieren Sie all diese Dinge, im Idealfall in regelmäßigen Zeitabständen. Auf diese Weise können Sie Ihre Arbeitssituation immer in die richtige Richtung lenken.

Miteinander sprechen

Es ist ein zentraler Schritt der Boreout-Therapie, die Initiative zu ergreifen und das Gespräch über die verfügbaren Jobaussichten zu suchen. Ein solches aktives und offenes Verhalten werden auch Vorgesetzte als sehr positiv bewerten.

  • Überlegen Sie sich gemeinsam, wie Ihre Kompetenzen künftig noch besser in den Arbeitsalltag integriert werden können.
  • Besprechen Sie Ihre aktuelle Arbeitssituation und bringen Sie konkrete Verbesserungsvorschläge auf den Tisch, so beispielsweise die Mitarbeit an einem bestimmten Projekt oder flexible Arbeitszeiten. Sie wissen am besten, was Ihnen guttut. 
  • Auch eine Weiterbildung und  Upskilling bringt Ihnen neue Herausforderungen und Aufgaben. Job Crafting kann Ihnen dabei helfen, Ihre Arbeit interessanter zu gestalten.

Positiver Stress? Ja, gerne!

Trainieren Sie Ihre Leistungsfähigkeit, indem Sie neben der Arbeit Ihren Geist ausreichend fordern. Lernen Sie beispielsweise eine Fremdsprache, lesen Sie ein Buch oder bilden Sie sich anderweitig fort. Wenn Sie diese Aufgaben bewältigen können, schüttet Ihr Gehirn Bindungs- und Glückshormone aus. Das sorgt für eine gute Stimmungslage. Unterforderung bei der Arbeit muss nicht automatisch auch Unterforderung im Leben bedeuten.

Stärken Sie Ihren eigenen Selbstwert

Fehlt es in Ihrem Job an Wertschätzung und Anerkennung, kann das ein starker Dämpfer für das eigene Selbstvertrauen sein. Arbeiten Sie daher gezielt an Ihrem Selbstwert, indem Sie sich etwa mit Menschen umgeben, die Ihnen guttun und Ihren wichtig sind. Gestalten Sie auch Ihre Freizeit aktiv und eigenbestimmt.

Mut zum Neubeginn

Sollte sich an Ihrer Arbeitssituation weiterhin nichts verändern und Sie bleiben unterfordert, sollten Sie einen Neustart wagen. Wechseln Sie beispielsweise die Abteilung oder sogar den Job! Suchen Sie sich neue Herausforderungen und finden Sie eine Arbeitsumgebung, die perfekt zu Ihren Interessen und Fähigkeiten passt.

Was können Arbeitgeber präventiv tun?

Auch Arbeitgeber können vorbeugende Maßnahmen ergreifen, um ihre Mitarbeiter von einem Boreout zu schützen. Aufgaben müssen im Team fair verteilt werden. Zudem muss jeder Mitarbeiter die Möglichkeit haben, seine Talente im Sinne des Unternehmens einzubringen. Nur auf diese Weise kann Produktivität, Effizienz und auch Zufriedenheit erzielt werden. Jeder Mitarbeiter hat das Recht auf eine individuelle Führung, das heißt passgenau zu den individuellen Qualifikationen und Kompetenzen. Das bedeutet konkret:

  • Seien Sie als Vorgesetzter offen mit Ihrem Team und achten Sie auf eine transparente Arbeitsorganisation.
  • Begegnen Sie jedem Einzelnen mit Wertschätzung und Respekt.
  • Flexibilisieren Sie Aufgabenverteilungen und Arbeitszeiten.
  • Ein gutes betriebliches Gesundheitsmanagement leistet ebenfalls einen wichtigen Beitrag zur Prävention von Burnout und Boreout.

Schlussfolgerungen und Handlungsempfehlungen

Das Boreout-Syndrom bezeichnet einen Komplex von psychischen Problemen wie Interessenverlust, Müdigkeit und Lustlosigkeit. Diese Probleme entstehen aufgrund der Unterforderung und Unzufriedenheit im täglichen Berufsalltag.

Der wichtigste Weg aus der Krise ist die Veränderung der aktuellen Situation. Wenn Sie den Arbeitsplatz nicht wechseln möchten, sollten Sie der Langeweile aktiv den Kampf ansagen. Parallel zu den oben genannten Strategien sollten Sie sich auch in Therapie begeben. Mitunter können hinter dem Boreout noch weitere Ursachen stecken, die in ihrem Leben oder in der Kindheit zu suchen sind und unbedingt aufgearbeitet werden müssen.

Ergibt sich keine Lösung, so ist der Jobwechsel der einzige Ausweg aus der Krise! Seien Sie mutig und wagen Sie für sich selbst den Schritt nach vorne.

FAQ – häufige Fragen

Ist das Boreout Syndrom eine Krankheit?

Es handelt sich hierbei nicht um eine anerkannte psychische Störung oder Krankheit. Aus diesem Grund gibt es keine verbindlichen Kriterien für die Diagnose und die Symptomatik eines Boreout-Syndroms. Ebenso gibt es noch nicht genügend wissenschaftliche Studien zur Boreout Therapie.

Boreout am Arbeitsplatz: Welche Berufsgruppen sind besonders häufig betroffen?

Berufsgruppen mit Boreout-Risiko sind vor allem:

  • Büro- und Verwaltungsfachberufe, in denen die Arbeitsaufgaben recht monoton und routiniert sind.
  • Fertigungs- und Produktionsberuf, wenn immer dieselben Tätigkeiten verrichtet werden müssen.
  • Berufe, in denen viele Arbeit von Maschinen oder Computern übernommen wird und die eigentliche Aufgabe nur noch die Bedienung dieser Technik ist.
  • Berufe mit begrenzten Aufstiegs- und Weiterbildungsmöglichkeiten.
  • Jobs mit Präsenzpflicht, trotz mangelnder Arbeitsauslastung.
  • Berufe mit wenig abwechslungsreichen Aufgaben sowie fehlenden Herausforderungen.
  • Jobs und Berufe mit fehlender Anerkennung und geringer Wertschätzung.
  • Berufe, in denen Mitarbeiter leicht austauschbar sein und kein Fachwissen für die Ausübung der Tätigkeiten mehr erforderlich ist.
Dr. Hans-Peter Luippold

Autor: Dr. Hans-Peter Luippold

Dr. Hans-Peter Luippold studierte Betriebswirtschaft in Freiburg und Köln und sammelte als Führungskraft bei Daimler, Volkswagen, Lufthansa, Wella und Vorwerk Erfahrungen in allen wesentlichen Unternehmensbereichen. Seit April 2000 ist er als Unternehmens- und Personalberater in Frankfurt am Main tätig. Er hält regelmäßig Vorträge und lehrt zu den Themen Erfolg und Karriere. Vernetzen Sie sich mit ihm über Xing und LinkedIn.

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