Bossing: Anzeichen & Hilfe bei Mobbing durch den Chef

Bossing: Anzeichen & Hilfe bei Mobbing durch den Chef

Berufsleben | 30.09.2023

Bossing ist das Mobbing durch einen Vorgesetzten. Es gilt als besonders schwere Form wegen des Machtgefälles, Betroffene wissen oft nicht, wie sie sich wehren sollen. Erfahren Sie in diesem Beitrag, welche Optionen Ihnen gegen Bossing zur Verfügung stehen.

Definition und Merkmale: Was ist Bossing? 

Bossing bezeichnet Mobbing durch Vorgesetzte gegen ihre Mitarbeiter. Es handelt sich um die beabsichtigte Schikanierung, Diskriminierung oder Benachteiligung von Arbeitnehmern durch Führungskräfte.

Typische Merkmale von Bossing sind:

  • Systematische Demütigungen über einen längeren Zeitraum
  • Persönliche Angriffe und Kränkungen
  • Unfaire Kritik und Vorwürfe
  • Exzessive Kontrolle der Arbeit
  • Vorenthalten von Informationen
  • Üble Nachrede und Verleumdung
  • Drohungen und Einschüchterungen
  • Ungerechte Verteilung von Aufgaben

Im Gegensatz zu "normalem" Mobbing geht Bossing immer von einer höhergestellten Person aus, was die Situation für die Betroffenen noch schwieriger macht.

In fast jedem Unternehmen gibt es Hierarchien, die Vorgesetzte dazu verleiten können, Mobbing gegen Untergebene anzuwenden. Die Motive sind oft sehr persönlicher Natur, doch auf jeden Fall entsteht durch Bossing eine gezielte Schwächung des betroffenen Mitarbeiters.

Prekär ist dabei, dass sich dieser Mitarbeiter nicht - wie beim Mobbing durch Kollegen - an seinen unmittelbaren Chef wenden kann, der ihn vor entsprechenden Konflikten schützen müsste. Der unmittelbare Chef ist schließlich beim Bossing in der Regel der Kontrahent.

Laut Arbeitsrecht liegt Bossing vor bei wiederkehrenden, systematischen Demütigungen, Entmutigungen, Ausgrenzungen, Vorenthalten von Informationen, ständiger ungerechtfertigter Kritik, exzessiver Kontrolle, Verbreitung von Gerüchten, ungerechtfertigten Abmahnungen, unrealistischen Zeitvorgaben, Versetzungen in unpassende Bereiche sowie Einschüchterungen, Drohungen und Beleidigungen.

Die Häufigkeit und Dauer sind entscheidend. Einzelaktionen zählen nicht als Bossing, welches sich durch Konsistenz, Regelmäßigkeit und Willkür der Handlungen auszeichnet. Die Aktionen des Vorgesetzten erfolgen unabhängig von der Leistung des Mitarbeiters.

Warum ist Bossing ein Problem?

Bossing ist ein gravierendes Problem, da die Konsequenzen wie psychische und physische Gesundheitsschäden der Betroffenen, Imageverlust der Unternehmen sowie volkswirtschaftliche Kosten enorm sind.

Humanitäre Aspekte

  • Bossing verletzt die Menschenwürde und Gesundheit der Betroffenen massiv
  • Langfristige psychische und physische Schäden sind die Folge
  • Bossing widerspricht ethischen Werten wie Respekt, Gerechtigkeit und Fürsorge

Volkwirtschaftliche Kosten

  • Hohe Kosten durch Arbeitsunfähigkeit und Frühberentung von Bossing-Opfern
  • Schätzungen gehen von mehreren Milliarden Euro pro Jahr für die Volkswirtschaft aus
  • Produktivitätsverluste durch Demotivation und Leistungseinbußen

Imageschäden

  • Berichterstattung über Bossing-Fälle schadet der Reputation von Unternehmen
  • Sowohl Bewerber als auch Kunden meiden Unternehmen mit Bossing-Vorfällen
  • Qualifizierte Mitarbeiter werden abgeschreckt und wandern ab

Effektive Gegenmaßnahmen sind im Interesse aller Beteiligten erforderlich

Ursache: Weshalb Vorgesetzte Untergebene mobben

Unsichere Führungskräfte

  • Führung erfordert bestimmte Kompetenzen wie Menschenführung, Kommunikation, Konfliktlösung
  • Viele Führungskräfte besitzen diese Kompetenzen nicht ausreichend
  • Um eigene Unsicherheit und Inkompetenz zu überspielen, wenden sie Bossing an
  • Autoritätsverlust wird durch Bossing verhindert

Als Bossing-Täter kommen bestimmte Persönlichkeitstypen besonders häufig vor:

  • Unsichere Führungskräfte, die ihre Inkompetenz durch Bossing überspielen.
  • Cholerische und jähzornige Chefs, die ihre Frustration an Mitarbeitern auslassen.
  • Narzisstische Vorgesetzte, die Kritik als persönliche Kränkung auffassen und sich dafür rächen.
  • Autoritäre Cheftypen, die ihre Machtmissbrauchen und absolute Unterordnung fordern.
  • Neider und Konkurrenten, die qualifizierte Mitarbeiter durch Bossing loswerden wollen.
  • Psychisch kranke Führungskräfte mit sadistischen oder paranoiden Tendenzen.

Gemeinsam ist diesen Tätertypen, dass sie ihre persönlichen Probleme auf Kosten ihrer Mitarbeiter lösen wollen und menschliche Grundwerte missachten.

Angst vor Machtverlust

  • Führungskräfte mit stark ausgeprägtem Machtbewusstsein
  • Fühlen sich bedroht, wenn qualifizierte Mitarbeiter in ihr Team kommen
  • Fühlen sich fachlich oder intellektuell unterlegen
  • Setzen Bossing ein, um Konkurrenz auszuschalten und eigene Position zu sichern

Persönliche Motive

  • Bossing kann auch durch persönliche Abneigung motiviert sein
  • Sadistische Tendenz mancher Führungskräfte
  • Narzisstische Kränkung, wenn Mitarbeiter sich widersetzt
  • Diskriminierung und Vorurteile gegenüber bestimmten Gruppen
  • Privater Frust und Aggressionen werden am Arbeitsplatz ausgelassen

Organisationskulturelle Gründe

  • Autoritäre Unternehmenskultur, die Bossing begünstigt
  • Fehlende Kontrolle und Sanktionierung von Bossing
  • Mangel an Vertrauen und Wertschätzung im Unternehmen
  • Hoher Erfolgsdruck für Führungskräfte, der zu Lasten der Mitarbeiter geht

Checkliste: Sind Sie Bossing-Opfer?

Bossing hat meist multiple Ursachen auf persönlicher und organisationaler Ebene. Wichtig ist, Bossing weder zu entschuldigen noch hinzunehmen, sondern aktiv dagegen vorzugehen

  • Werden Sie am Arbeitsplatz ungerechtfertigt kritisiert?
  • Macht Ihr Vorgesetzter abfällige persönliche Bemerkungen?
  • Werden Sie vor anderen bloßgestellt oder lächerlich gemacht?
  • Ignoriert und meidet Ihr Vorgesetzter Sie?
  • Äußert sich Ihr Vorgesetzter respektlos über Sie als Person?
  • Macht Ihr Vorgesetzter Anspielungen "unter der Gürtellinie"?
  • Passiert dies nicht nur einmalig, sondern wiederholt und über längere Zeit?
  • Fehlt ein nachvollziehbarer Grund oder vorgeschalteter Konflikt für das Verhalten?

Wenn Sie viele dieser Fragen mit "ja" beantworten, deutet vieles auf Bossing hin. Das Verhalten geht über sachliche Kritik hinaus und zielt auf Demütigung und Schikane. Holen Sie sich Unterstützung, um Schaden abzuwenden. Sie müssen Bossing nicht alleine ertragen!

Bossing Anzeichen: Mobbt Sie Ihr Vorgesetzter?

Zeitkriterium

  • Bossing liegt vor bei systematischen Handlungen über einen längeren Zeitraum

Methodik

  • Das Mobbing erfolgt strategisch und mit unterschiedlichen Methoden
  • Es handelt sich nicht um einmalige Vorfälle

Verletzende Handlungen

  • Die Aktionen des Vorgesetzten sind demütigend und verletzend
  • Sie gehen über fachliche Kritik hinaus und betreffen die Person

Machtgefälle

  • Der Chef nutzt seine höhere Position aus, um Druck auszuüben
  • Für den Mitarbeiter ist es schwer, sich zu wehren

Zwei Ebenen

  • Fachliche Ebene: Unfaire Kritik an der Arbeitsleistung
  • Persönliche Ebene: Angriffe auf die Person und das Privatleben
  • Oft verschwimmen beide Ebenen

Die Wirkungskette beim Bossing

Entstehungsfaktoren

  • Ungünstige Unternehmenskultur, die Bossing begünstigt
  • Fehlende Kontrolle und Sanktionierung von Bossing
  • Hoher Leistungsdruck für Führungskräfte
  • Persönliche Veranlagung mancher Vorgesetzter

Täterverhalten

  • Vorgesetzte fühlen sich aufgrund ihrer Machtposition zum Bossing ermächtigt
  • Sie sehen Mitarbeiter als benutzbare "Opfer"
  • Auch kultivierte Menschen können so in Bossing verfallen

Opferverhalten

  • Verharmlosung der ersten Vorfälle als "Ausrutscher"
  • Vermeidung von Konflikten aus Angst vor dem Vorgesetzten
  • Schweigen und Hoffen, dass das Problem von allein verschwindet

Manifestierung

  • Wenn Opfer nicht reagieren, manifestiert sich das Bossing
  • Der Täter hat ein willfähriges Opfer gefunden und setzt das Muster fort
  • Eine Abwärtsspirale von Machtmissbrauch und Ohnmacht entsteht

Mögliche Folgen

  • Schwere psychische und physische Schäden beim Opfer
  • Leistungseinbußen und Kündigung sind mögliche Folgen
  • Hilfe von außen ist der einzige Ausweg aus der Abwärtsspirale

Psychische und physische Folgen für Bossing-Opfer

Für die direkt Betroffenen hat Bossing weitreichende negative Konsequenzen. Es kommt zu schweren psychischen Belastungen wie Depressionen, Angstzuständen und Burnout. Das Selbstvertrauen und Selbstwertgefühl der Opfer wird stark angegriffen, sie entwickeln Selbstzweifel und fühlen sich wertlos.

Häufig treten auch psychosomatische Beschwerden wie Kopfschmerzen, Magen-Darm-Probleme, Herz-Kreislauf-Beschwerden und Schlafstörungen auf. Die Betroffenen leiden unter ständiger Anspannung, Stress und innerer Unruhe.

Viele ziehen sich sozial zurück, meiden den Kontakt zu Kollegen und isolieren sich zunehmend. Die Leistungsfähigkeit nimmt ab, die Fehlerhäufigkeit steigt. So entstehen Teufelskreise aus verstärkter Kritik und abnehmender Leistung.

Langfristig erhöht Bossing das Risiko für chronische Erkrankungen. Viele Betroffene werden arbeitsunfähig, berufsunfähig oder frühzeitig in Rente geschickt. Nicht selten kommt es zu Alkohol- oder Medikamentenabhängigkeit. Die volle Erwerbsfähigkeit geht häufig verloren.

Ohne professionelle Hilfe bleiben die seelischen Narben ein Leben lang bestehen. Der Leidensdruck ist enorm und die Lebensqualität massiv eingeschränkt. Deshalb ist es wichtig, Bossing zu stoppen und Betroffene zu unterstützen.

Mögliche Symptome:

  • Depressionen bis hin zum Burnout
  • vermindertes Selbstwertgefühl
  • Panikattacken
  • Konzentrationsprobleme mit Resultat Leistungsabfall
  • Kopfschmerzen
  • Schlafstörungen
  • Hautprobleme
  • Magen- und Darmprobleme

Tipps, wie Sie sich gegen Bossing wehren

Analyse der Situation am Arbeitsplatz

  • Unterscheidung zwischen fachlicher Kritik und persönlichem Bossing
  • Leistungsabfall und schlechte Arbeitsergebnisse können andere Ursachen haben
  • Bei persönlichen Angriffen: Gespräch suchen

Das direkte Gespräch

  • Deeskalierend und lösungsorientiert bleiben
  • Vorwürfe und Forderungen ruhig aber bestimmt ansprechen
  • Hilfe anbieten, gemeinsam Lösungen erarbeiten

Verbündete suchen

  • Kollegen als Zeugen gewinnen
  • Ehemalige Opfer um Rat fragen
  • Personalabteilung und Betriebsrat können vermitteln

Rechtliche Schritte

  • Alles genau dokumentieren und Beweise sammeln
  • Beratung durch einen Anwalt für Arbeitsrecht, Betriebsrat oder Gewerkschaft
  • Kündigung oder Klage als letzter Ausweg

Wer absichtlich Untergebene mobbt, macht sich in Deutschland strafbar. Leider muss das nachgewiesen werden, und das ist nicht leicht. Es kann aber klappen, vor allem mit Zeugen aus dem Kollegenkreis. Führen Sie zudem ein Bossingtagebuch. Versuchen Sie, mit Fotos oder Kopien zu arbeiten, etwa von beleidigenden E-Mails. Weisen Sie nach, was möglich ist: Das hilft, wenn Sie einmal entscheiden, das Verhalten des Chefs öffentlich zu machen

Der gesunde Neustart

  • Bei schweren Fällen: Arbeitsunfähigkeit und Distanz
  • Beratungsangebote und Therapie nutzen
  • Neuen Job suchen, auf die eigene Gesundheit achten

Wichtig ist, als Betroffener von Bossing nicht zu resignieren, sondern aktiv zu werden. Holen Sie sich frühzeitig Hilfe und Unterstützung durch Kollegen, Vertrauenspersonen, Betriebsrat oder andere Beratungsstellen. Bleiben Sie konstruktiv, aber ziehen Sie auch Grenzen, wenn keine Einigung möglich scheint. Ihre psychische und physische Gesundheit sollte immer Vorrang haben. Geben Sie Mobbing durch Vorgesetzte keine Chance, sondern wehren Sie sich mit rechtlichen Mitteln. Wenn alle Stricke reißen, ist ein Neuanfang in einem gesünderen Arbeitsumfeld oft der beste Ausweg. Mit der richtigen Unterstützung lässt sich das Selbstvertrauen wieder aufbauen.

Hilfe und Unterstützung für Bossing-Opfer

Als Bossing-Opfer sollten Sie sich Hilfe holen. Gute Kollegen können Sie moralisch unterstützen und als Zeugen helfen. Der Betriebsrat kennt sich mit den Gesetzen aus und kann Ihnen mit Tipps zur Seite stehen.

Sie können auch Selbsthilfegruppen kontaktieren, die es zum Teil online gibt. Dort treffen Sie andere Betroffene, mit denen Sie sich austauschen können. Sie können sich gegenseitig Mut machen und sich Tipps geben. Vielleicht kennt dort jemand einen guten Anwalt für Arbeitsrecht, den man um Rat fragen kann.

Es ist wichtig, dass Sie aktiv nach Hilfe suchen und sich nicht alleine gegen Bossing wehren. Holen Sie sich Menschen an Ihre Seite, die Sie unterstützen. Sie müssen diese schwierige Situation nicht alleine durchstehen.

Dr. Hans-Peter Luippold

Autor: Dr. Hans-Peter Luippold

Dr. Hans-Peter Luippold studierte Betriebswirtschaft in Freiburg und Köln und sammelte als Führungskraft bei Daimler, Volkswagen, Lufthansa, Wella und Vorwerk Erfahrungen in allen wesentlichen Unternehmensbereichen. Seit April 2000 ist er als Unternehmens- und Personalberater in Frankfurt am Main tätig. Er hält regelmäßig Vorträge und lehrt zu den Themen Erfolg und Karriere. Vernetzen Sie sich mit ihm über Xing und LinkedIn.