Flexible Arbeitszeitmodelle - Welche Varianten gibt es?

Flexible Arbeitszeitmodelle - Welche Varianten gibt es?

Berufsleben | 01.11.2018

Es gibt verschiedene flexible Arbeitszeitmodelle von Teilzeit über Homeoffice, Arbeitszeitkonten, Jobsharing oder Remote Working bis hin zum Sabbatical. Davon profitieren nicht nur die MitarbeiterInnen, sondern auch die Unternehmen. Der Wegfall von starren Arbeitszeiten ist nämlich ein hervorragendes Instrument für die Fachkräftegewinnung und Mitarbeiterbindung. Erfahren Sie hier, welche Modelle zum Einsatz kommen und was sie bringen.

Flexible Arbeitszeitmodelle auch im Mittelstand

Die Flexibilisierung der Arbeitszeit begann zuerst in den großen Konzernen, weil sich diese den organisatorischen Aufwand am besten leisten können. Doch inzwischen setzen auch Mittelständler darauf. Arbeitnehmer können dadurch ihre berufliche Tätigkeit viel besser mit ihrem Familienleben vereinbaren und weiteren Freizeitaktivitäten, ehrenamtlichen Tätigkeiten oder Weiterbildungen nachgehen. Die Arbeitnehmer genießen die Vorteile, die Unternehmen können handfest davon profitieren. Sie wirken dadurch auf Bewerber und schon Beschäftigte wesentlich attraktiver.

Das Instrument der Flexibilisierung wird daher gezielt zur Fachkräftegewinnung eingesetzt. Der Hintergrund: Immer mehr hoch qualifizierte Arbeitnehmer wünschen zwar eine gute Anstellung, möchten sich aber dennoch die Möglichkeit bewahren, neben ihrer Berufstätigkeit auch ihr Familien- und Freizeitleben zu gestalten. Wenn Unternehmen das ermöglichen, binden sie ihr Personal und gewinnen viel besser neue MitarbeiterInnen. Auch die unmittelbare Effizienz der Arbeit steigt.

Durch die komfortablere Zeiteinteilung arbeiten die Beschäftigten intensiver, konzentrierter und fehlerärmer, sie sind zufriedener und somit deutlich motivierter. Auch das beeinflusst die Produktivität positiv. Nicht zuletzt handeln motivierte und ausgeruhte MitarbeiterInnen eigenverantwortlicher, fühlen sich an ihre Firma gebunden und setzen sich für sie ein. Auch Produktions- und Öffnungszeiten lassen sich anpassen, sie können teilweise verlängert werden. Das verbessert das Angebot der Unternehmen, lastet die Maschinen besser aus und steigert auch auf diese Weise die Produktivität. Wenn die Auftragslage steigt, können die Unternehmen mit einer flexiblen Arbeitszeit MitarbeiterInnen gegebenenfalls auch länger beschäftigen und damit auf die erhöhten Anforderungen flexibel reagieren.

Verbesserte Work-Life-Balance für die ArbeitnehmerInnen

Die Balance zwischen der Arbeit und dem Leben außerhalb des Berufs wird für die Menschen in den westlichen Industrienationen immer wichtiger. Nach Studien geben rund ein Drittel der befragten Arbeitnehmer an, dass sie bei einem ausgeglichenen Familien- und Freizeitleben ihre verbesserte Arbeitsmotivation spüren und die besseren Ergebnisse sogar messen können. Die Firmen bestätigen das teilweise mit handfesten Zahlen zu Produktivitätssteigerungen, nachdem die Arbeitszeit flexibilisiert wurde. Die Mitarbeiter fühlen sich nicht nur weniger gestresst, sondern auch selbstbestimmter – nämlich nicht mehr im berüchtigten “Hamsterrad” gefangen, dessen Eindruck unweigerlich entsteht, wenn die Wochenarbeitszeit nicht nur stetig 40 Stunden beträgt, sondern diese teilweise durch Überstunden und Heimarbeit noch übersteigt. Zeitweiliges Kürzertreten oder kurze Auszeiten führen bei den MitarbeiterInnen häufig zu einem erweiterten Horizont und neuen Ideen, weil sie ihr Berufsleben in Ruhe reflektieren können. Es entsteht dadurch vielfach eine heitere Gelassenheit, auch nehmen die Beschäftigten eine professionelle Distanz zu ihrer beruflichen Tätigkeit ein. Diese Qualitäten werden durch die gewachsenen Herausforderungen und die zunehmende Arbeitsverdichtung immer bedeutsamer.

Messbare Vorteile für die Unternehmen

Es gibt Unternehmen, die Messungen der Produktivität nach der Einführung von Teilzeitmodellen durchgeführt haben. Dabei gab es erstaunliche Ergebnisse. So berichtet der Hamburger Karriere-Coach und Autor Martin Wehrle, dass Mitarbeiter teilweise in der halben Arbeitszeit um 80 % ihrer bisherigen Leistung in Vollzeit erbringen können (abhängig von der Branche und dem Job). Dabei sollten die Mitarbeiter aber auch auf ihre Teilzeitarbeit bestehen und nicht die vereinbarte kürzere Arbeitszeit überziehen. Darauf verweist auch der Gründer des Büros für Berufsstrategie Hesse-Schrader Jürgen Hesse. Es sei strenge Selbstdisziplin und auch die konsequente Ablehnung von Mehrarbeit erforderlich, so Hesse. Ansonsten verpuffe der Produktivitätseffekt des Teilzeitmodells – und zwar für den Arbeitnehmer und das Unternehmen gleichermaßen.

Flexible Arbeitszeitmodelle: Welche Formen gibt es?

  • Gleitzeit: Die Mitarbeiter halten eine verbindliche Kernarbeitszeit ein und gestalten die übrige Arbeitszeit flexibel.
  • alternierende Telearbeit: Telearbeit teilweise im Home-Office, teilweise im Büro
  • Vertrauensarbeitszeit: Arbeitszeitmodell ohne festgelegte Anwesenheitszeiten
  • Jobsharing: Teilung des Arbeitsplatzes zwischen zwei oder mehr MitarbeiterInnen
  • Teilzeitangebote: Wochenarbeitszeit unter 40 Stunden
  • Arbeitszeitkonten: Saldierung der Abweichungen zwischen geleisteter und vereinbarter Arbeitszeit mit dem Ziel des Ausgleichs durch Urlaub, frühere Rente oder auch (bei zu kurzer Arbeitszeit) Nacharbeit
  • Gleitzeit: Urform des Arbeitszeitkontos, flexible Zeiten für täglichen Arbeitsbeginn und -ende
  • Home-Office: Heimarbeit
  • Remote Working: mobiles Arbeiten an verschiedenen Orten ohne Präsenzzeit
  • Sabbatical: Auszeit von mehreren Monaten bis zu einem Jahr bei Rückkehrgarantie auf den Arbeitsplatz

Wechsel des Arbeitszeitmodells frühzeitig planen

Ein Wechsel des Arbeitszeitmodells muss vom Unternehmen und auch vom Beschäftigten rechtzeitig eingeplant werden. Letzterer sollte mit seinem Vorgesetzten sein eigenes Aufgabengebiet vorab klar abstecken, um böse Überraschungen zu vermeiden. Manche Projekte lassen sich einfach nicht in einer verkürzten Arbeitszeit erledigen. Möglicherweise treffen die Beteiligten neue Zielvereinbarungen. Auch die Kollegen eines Gleitzeit- oder Teilarbeiters sind einzubinden, weil sie nötigenfalls Mehrarbeit leisten müssen.

Dr. Hans-Peter Luippold

Autor: Dr. Hans-Peter Luippold

Dr. Hans-Peter Luippold studierte Betriebswirtschaft in Freiburg und Köln und sammelte als Führungskraft bei Daimler, Volkswagen, Lufthansa, Wella und Vorwerk Erfahrungen in allen wesentlichen Unternehmensbereichen. Seit April 2000 ist er als Unternehmens- und Personalberater in Frankfurt am Main tätig. Er hält regelmäßig Vorträge und lehrt zu den Themen Erfolg und Karriere. Vernetzen Sie sich mit ihm über Xing und LinkedIn.