Charakter: der Schlüssel zum beruflichen Erfolg?

Charakter: der Schlüssel zum beruflichen Erfolg?

Berufsleben | 16.10.2023

Jeder von uns hat ganz unterschiedliche Eigenschaften. Sie zeigen sich im Alltag bei verschiedenen Gelegenheiten. Manchmal entscheidet der Charakter sogar über unseren Erfolg in der Berufswelt. Welche Eigenschaften die Karriere fördern und welche dieser sogar hinderlich sein können, erfahren Sie im nachfolgenden Text.

DEFINITION: WAS VERSTEHT MAN UNTER 'CHARAKTER'?

Die Bezeichnung 'Charakter' hat mehrere Bedeutungen. Sie ist nicht auf nur eine Begriffserklärung festgelegt, sondern umfasst mehrere Facetten.

Mit dem Begriff 'Charakter' wird in erster Linie die Summe der Merkmale einer Person beschrieben, welches ihre Eigenschaften widerspiegelt. Diese Persönlichkeitsmerkmale entwickeln sich im Laufe der Zeit. Manche sind veranlagt, andere unterliegen dem Einfluss unserer Außenwelt.

Zu den veranlagten Merkmalen zählt beispielsweise die Einfühlsamkeit. Sie kann sich weiterentwickeln. Im Idealfall prägt sich diese Neigung so aus, dass sie automatisch zum Grundsatz des eigenen Denkens und Handelns wird. Eine weitere charakterliche Veranlagung ist die Kreativität. Sie liegt von Geburt an vor und kann nur in begrenztem Umfang 'ausgebaut' werden.

Charakterzüge wie Konfliktfähigkeit oder Durchsetzungsvermögen werden hingegen erlernt. Solche Eigenschaften setzen Situationen voraus, in denen sie erforderlich sind. Wer also nie Konflikte erlebt hat, kann keine Strategien zur Konfliktbewältigung lernen.

Man unterscheidet zwischen Charakterstärken und Charakterschwächen. Charakterstärken werden mit positiven Adjektiven verbunden. Charakterschwächen sind mit negativen Persönlichkeitsmerkmalen gleichzusetzen.

Die Charaktereigenschaften einer Person haben einen starken Einfluss auf die unterschiedlichen Alltagsaspekte. Sie prägen zum Beispiel die Entscheidungsfähigkeit im positiven oder negativem Sinn. Darüber hinaus bestimmt ein Charakter die Außenwirkung des Einzelnen. Dieser Situation begegnet ein Bewerber im Vorstellungsgespräch mit seinem zukünftigen Arbeitgeber. Hier machen sich beide Seiten ein Bild vom Charakter des Gesprächspartners. Oft hängt es von den charakterlichen Eigenschaften ab, ob der Arbeitsuchende die freie Stelle bekommt. Nähere Details zum Verhältnis zwischen Charakter und Job werden in den folgenden Rubriken erörtert.

DIE 'BIG FIVE' IN DER PSYCHOLOGIE

In der Psychologie wurde das Konzept der 'Großen Fünf' entwickelt. Es sind fünf verschiedene Typen. Je nach Charakter zeigen sie in bestimmten Begebenheiten ein Verhalten, das zu ihrem Temperament passt.

Im psychologischem Kontext wird zwischen den folgenden fünf Persönlichkeiten unterschieden:

  1. Gewissenhafter Charakter

Einen gewissenhaften Menschen bezeichnet man im alltäglichen Leben auch als ordentlich. Auf ihn trifft man meistens am Arbeitsplatz. Ein Arbeitgeber kann sich auf seinen gewissenhaften Arbeitnehmer verlassen. Er weiß, dass er von so einem Mitarbeiter grundsätzlich gute Leistungen erwarten kann.

  1. Offener Charakter

Offene Persönlichkeiten sind aufgeschlossen und gehen auf andere Menschen zu. Dabei versuchen sie, unvoreingenommen zu bleiben. Eine offene Persönlichkeit probiert gerne neue Dinge aus und ist in der Umsetzung sehr ideenreich.

  1. Verträglicher Charakter

Ein verträglicher Charakter schaut nicht zuerst nach den eigenen Vorteilen. Seine Mitmenschen kommen gut mit ihm aus und schätzen seine zugewandte Ausstrahlung.

  1. Neurotischer Charakter

Viele Burnout-Patienten litten schon vorher unter emotionaler Labilität. Neurotische Charaktere können Konfliktsituationen schwer ertragen, da sie seelisch nicht stabil genug sind.

  1. Geselliger Charakter

Ist jemand gesellig, dann mangelt es ihm auch nicht an Selbstbewusstsein. Vor dem freien Sprechen in einer großen Runde hat er keine Angst. Mit seiner Art gelingt es ihm leicht, andere Menschen für sich einzunehmen.

KOMBINATION VERSCHIEDENER CHARAKTERTYPEN IST MÖGLICH

Jeder Mensch kann eine oder mehrere dieser Eigenschaften besitzen. An dieser Stelle sollen die jeweiligen Charakterzüge nicht bewertet werden. Zunächst muss man sie neutral betrachten. Ob sie positiv oder negativ sind, ist situationsabhängig. Gleichzeitig ist die Ausprägung der charakterlichen Merkmale für diese Frage entscheidend. Man kann gewissenhaft, aber auch 'zu' gewissenhaft sein. Manche Personen verhalten sich zwar sehr gesellig, aber nicht immer professionell genug.

Ein ausgeglichenes Verhältnis zwischen den einzelnen Eigenschaften ist vermutlich am besten: Die Gewissenhaftigkeit wird z.B. durch die Geselligkeit ausgeglichen und umgekehrt.

SO ENTWICKELT SICH EIN CHARAKTER

Ein Synonym für die (Weiter-)Entwicklung von Charakterzügen heißt Persönlichkeitsentwicklung. Auf die Persönlichkeit eines Einzelnen wirken seine Mitmenschen ein. Neben dem sozialen Umfeld spielt die räumliche Komponente eine Rolle. Darunter fallen Örtlichkeiten wie das eigene Zuhause, der Arbeitsplatz oder Ähnliches.

SO ENTSTEHEN CHARAKTEREIGENSCHAFTEN

Die Entstehung von Charaktereigenschaften ist immer etwas Individuelles. Als allgemeine Formel entsteht der Charakter einer Person durch äußere Wertvorstellungen, innere Veranlagung und persönliche Erlebnisse.

SO KÖNNEN SICH CHARAKTEREIGENSCHAFTEN ÄNDERN

Der Charakter kann sich unter zwei Bedingungen verändern - aufgrund äußerer Einflüsse und bewusster Entscheidung. Die äußeren Einflüsse gehen meistens mit einer unbewussten Änderung des Charakters einher. Die eigene Entschlossenheit, sich zu ändern, passiert bewusst.

Selbst durch die Ausschüttung bestimmter Hormone erfahren die charakterlichen Eigenschaften eine Veränderung. Meistens ändern sie sich dann nur für einen kurzen Moment, wenn z.B. eine Stresssituation vorliegt. Danach 'normalisiert' sich der Charakter wieder.

CHARAKTER UND KARRIERE: SO BEEINFLUSST DER CHARAKTER DEN BERUFLICHEN ERFOLG

Bei einer Bewerbung sollen mögliche Kandidaten Beispiele für ihre Kompetenzen und Fähigkeiten finden. Im Vorstellungsgespräch werden sie dazu angehalten, ihre charakterlichen Eigenschaften in eigenen Worten zu beschreiben. Solch eine Beschreibung kann über die Teamfähigkeit und das Arbeitsverhalten des Bewerbers Auskunft geben.

Ein paar positive Adjektive lauten

  • zuverlässig,
  • sorgfältig oder
  • hilfsbereit. 

Weitere positive Eigenschaften sind

  • herzlich,
  • gutmütig oder
  • vertraulich.

Als negativ werden charakterliche Merkmale wie

  • angriffslustig,
  • egozentrisch oder
  • verschlossen

wahrgenommen.

CHARAKTEREIGENSCHAFTEN IM BERUFSLEBEN

In diesem Kapitel werden alltagsnahe Beispiele mit unterschiedlichen Adjektiven und dazugehöriger Beschreibung dargestellt:

  • Manche Eigenschaften klingen zuerst positiv. Im Vorstellungsgespräch beschreibt sich ein Bewerber als besonders gesellig. Mit dem Verhalten ist er für das neue Personal entweder ein Glücksfall - oder auch nicht.Im privaten Rahmen ist seine Offenheit ohne Frage positiv. Auf professioneller Ebene verlangen bestimmte Situationen eine gesunde Distanz, was das Private angeht. Eine extrovertierte Person hat mit der Differenzierung zwischen Freizeit und Job oft Schwierigkeiten. Arbeitet der Betreffende wiederum gewissenhaft, ohne dabei den kollegialen Umgang zu vergessen, entsteht ein gelungener Ausgleich.
  • Das ganze Gegenteil ist ein Mitarbeiter mit ausgeprägter Gewissenhaftigkeit. Solche Mitarbeiter sind meistens introvertierte Persönlichkeiten. Kreativ sind sie nur in Ausnahmefällen.Ob die Gewissenhaftigkeit von solch einem Mitarbeiter mit positiven oder negativen Reaktionen aufgenommen wird, hängt von der Situation ab. Grundsätzlich ist gewissenhaftes Arbeiten kein Merkmal von Charakterschwäche. Dasselbe gilt für die Geselligkeit. Ein 'zu viel' schließt jedoch immer auch ein 'zu wenig' mit ein.
  • Einige Mitarbeiter gehen ihre tägliche Arbeit mit großer Zielstrebigkeit an. Sie möchten früher oder später eine leitende Funktion als Führungskraft innehaben. Dafür ist ihnen jede Methode recht. Auch dann, wenn sie für die übrigen Kollegen von Nachteil ist.Ein fairer und kollegialer Umgang ist diesen Personen oft fremd. 'Miteinander' ist ihnen kein Begriff. Entscheidungen machen sie von den eigenen Interessen abhängig. Nicht vom Wohl der Gemeinschaft, also des Kollegenkreises.Von ihrem sozialen Umfeld werden diese Kollegen mit negativen Charaktereigenschaften beschrieben. Das soziale Umfeld bezieht sich hier auf die übrigen Mitarbeiter.

  • Empathische Kollegen gelten im Betrieb oft als gute Seelen. Aufgrund ihres verständnisvollen Charakters werden sie gemocht. Für sie steht nicht allein das Inhaltliche ihrer Tätigkeit im Vordergrund. Ihnen ist genauso sehr an einem guten, respektvollen Verhältnis untereinander gelegen. Dafür setzen sie sich zum Beispiel als aktive Mitglieder im Personalrat ein.

DIESE CHARAKTEREIGENSCHAFTEN SIND BESONDERS FÖRDERLICH FÜR DEN BERUFLICHEN ERFOLG

  • Nicht nur in der Berufswelt gilt die Empathie als eine besonders positive Charaktereigenschaft. Mit ihr ist die emotionale Intelligenz eng verknüpft.
  • Eine einfühlsame Person kann den kollegialen Umgang untereinander sehr bereichern. Ihre freundliche Offenheit strahlt eine innere Zufriedenheit aus. Die anderen Mitarbeiter fühlen sich von einem empathischen Gegenüber besser verstanden und ernstgenommen.
  • Mit ihrer eigenen Ausgeglichenheit kann die empathische Person die Zufriedenheit im Kollegenkreis positiv beeinflussen.
  • Im praktischen Arbeitsalltag ist je nach Beruf oftmals Kreativität gefragt. Wenn zum Beispiel ein Projekt keine ertragreichen Ergebnisse hervorbringt, können neue Ideen ganz ungeahnte Perspektiven eröffnen.
  • Bei der Frage nach kreativem Arbeiten kommt es auf den jeweiligen Job an. In der Abteilung für Buchhaltung sind kreative Personen vermutlich nicht gut aufgehoben. In Jobs mit künstlerischem Schwerpunkt dafür umso mehr.
  • Berufsbilder mit regelmäßigem Kundenkontakt verlangen Eigenschaften wie Offenheit oder Aufgeschlossenheit. Diese Mitarbeiter sollten zumindest weitgehend extrovertiert sein und sich auf neue Geschäftspartner etc. einlassen können.

DIESE CHARAKTEREIGENSCHAFTEN SIND EHER HINDERLICH FÜR DEN BERUFLICHEN ERFOLG

  • Mitarbeiter mit einem zu starken Charakter wurden bereits in den vorigen Beispielen vorgestellt. Damit können unterschiedliche Eigenschaften gemeint sein. In der Arbeitswelt werden mit solchen Merkmalen meistens sehr durchsetzungsfähige Kollegen assoziiert. Eine andere Charakterbeschreibung lautet übertrieben ambitioniert.
  •  Doch auch in 'geringerem Umfang' kann ein Arbeitnehmer einen starken Charakter haben. Häufig gehen solche Personen ihre täglichen Aufgaben sehr akribisch an. Im kollegialen Miteinander halten sie sich in der Regel zurück. Aus fachlicher Sicht sind diese Mitarbeiter durchaus fähig. Mit einer flexiblen Arbeitseinstellung und -einteilung haben sie jedoch oft Probleme.
  •  Ein weiterer Charakterzug kann das berufliche Fortkommen ebenfalls behindern: Nämlich eine ausgeprägte Besorgtheit. Diese Mitarbeiter halten Konflikte schwer aus. Anders als bei aggressiven Mitgliedern aus dem Kollegenkreis suchen sie die Schuld vor allem bei sich selbst und handeln oft ängstlich. Solch ein sorgenvolles Verhalten kann daher als Spiegelbild für übermäßige Zielstrebigkeit angesehen werden. Beides legt dem Arbeitnehmer Steine in den Weg Richtung Karriere.

FAZIT: ENTWICKLUNGSPOTENTIALE NUTZEN

Berufliche Perspektiven stehen in engem Zusammenhang zur eigenen Charakterstärke. Ob ein Charaktermerkmal günstige Einwirkungen auf die Karriere hat, hängt vom jeweiligen Job ab. Genauer formuliert von den Eigenschaften, welche in der Bewerbung und im Vorstellungsgespräch gesucht werden.

Die Bedeutungen der einzelnen Charaktere für die Arbeitswelt unterscheiden sich je nach Situation. Es gibt dennoch relativ allgemeingültige Ansichten darüber, ob eine persönliche Eigenschaft gut oder schlecht ist. Kompromissloses Vorgehen auf der Arbeit wird von den anderen Mitarbeitern sicher nicht bewundert. Etwas mehr Rücksichtnahme kann das soziale Miteinander allerdings langfristig verbessern und wird als stark und umsichtig wahrgenommen. Diese Möglichkeiten sollte jeder von uns nach seinem Fähigkeiten nutzen.

Dr. Hans-Peter Luippold

Autor: Dr. Hans-Peter Luippold

Dr. Hans-Peter Luippold studierte Betriebswirtschaft in Freiburg und Köln und sammelte als Führungskraft bei Daimler, Volkswagen, Lufthansa, Wella und Vorwerk Erfahrungen in allen wesentlichen Unternehmensbereichen. Seit April 2000 ist er als Unternehmens- und Personalberater in Frankfurt am Main tätig. Er hält regelmäßig Vorträge und lehrt zu den Themen Erfolg und Karriere. Vernetzen Sie sich mit ihm über Xing und LinkedIn.