Falscher Beruf? Was nun?

Falscher Beruf? Was nun?

Berufsleben | 13.02.2019

Ein falscher Beruf belastet Menschen so sehr wie eine schlechte Partnerschaft oder eine chronische Krankheit. Umfragen belegen nun, dass sehr viele Berufstätige diesbezüglich von einer falschen Wahl betroffen sind, die sie schon vor der ersten Ausbildung getroffen haben. Erfahren Sie hier, wie Sie rechtzeitig umsteuern können.

Falscher Beruf: Woran erkennen Sie das?

Die falsche Berufswahl spüren Sie an großer Lustlosigkeit bei seiner Ausübung, am permanenten Gefühl der Über- oder Unterforderung (Boreout) und an Ihrer andauernden Suche nach Alternativen. Der Hintergrund ist klar: Dieser Beruf entspricht nicht Ihren Fähigkeiten und Neigungen. Daher leisten Sie wenig in diesem Beruf. Sie sind so unzufrieden, dass Sie sich nicht motivieren können. Sie arbeiten nur des Geldes wegen. Im falschen Beruf werden Sie auch Schwierigkeiten haben, sich mit Ihrer Firma zu identifizieren. Darunter leiden nicht nur Sie, auch Ihr Arbeitgeber und die Kollegen spüren das und werden auf Dauer sehr ungehalten. Es setzt sich eine gefährliche Abwärtsspirale in Gang. Sie sollten diesen Zustand beenden, denn er beeinträchtigt Ihre Lebensqualität ganz erheblich und könnte zum beruflichen und finanziellen Absturz führen. Wahrscheinlich sind Sie häufiger krank, auch das belastet Ihr Verhältnis zum Arbeitgeber.

Warum wählen Menschen nicht gleich den richtigen Beruf?

Es gibt hierfür viele Gründe. Immerhin wählen wir unseren ersten Beruf in sehr jungen Jahren, Berufs- und Lebenserfahrung haben wir dabei noch nicht. Im Idealfall wurden wir gut beraten, doch das ist nicht immer der Fall und hilft auch nicht jedem. Diese Gründe für eine falsche Berufswahl sind vorrangig auszumachen:

  • Der Beruf erschien finanziell sehr attraktiv, dieses Motiv überlagerte alle anderen Wünsche.
  • Es gab Vorgaben der Eltern.
  • Es ist ein in der Gesellschaft angesehener Beruf.
  • Zum ersten Zeitpunkt der Berufswahl gab es nicht viele Möglichkeiten - vielleicht wegen der eigenen Zensuren und einer damals angespannten Lage am Ausbildungsmarkt.
  • Es fand kaum eine vernünftige Berufsberatung statt.

Wie sieht der “richtige” Beruf aus?

Wenn Sie vom besprochenen Problem betroffen sind, werden Sie es kaum glauben: Doch es gibt glückliche Menschen, die Tag für Tag sehr gern ihrer Arbeit nachgehen und kaum Frust kennen. Sie können in ihrem gewählten Beruf ihre Fähigkeiten optimal einsetzen, haben Erfolg, erlangen große Anerkennung und sind dadurch sehr motiviert. Sie verdienen ihren Leistungen entsprechend oder fühlen sich jedenfalls gerecht bezahlt. Das wäre sozusagen der Idealfall, von dem es natürlich kleine Abstriche geben kann. Doch ist es nicht wünschenswert, so einen Zustand zu erreichen? Den richtigen Beruf erkennen Sie daran, dass er zu Ihrer “Berufung“ passt. Diese basiert auf grundlegenden Talenten, die eigentlich bei Kindern und Jugendlichen schon erkennbar sind: Jemand ist technisch sehr begabt oder redegewandt, mag vielleicht Zahlen und geht gern mit Geld um oder hat eine unglaublich künstlerische oder soziale Ader. Doch bei manchen Menschen schlummern diese Talente sehr lange. Hinzu kommen die beschriebenen Gründe, wegen derer sich jedermann bei der Berufswahl vergreifen kann. Dann heißt es, im späteren Leben umzusteuern.

Den Berufswechsel anstreben

Sie können auch im späteren Leben überlegen, was wohl Ihre Berufung ist. Beurteilen Sie dabei unbedingt Ihre Fähigkeiten realistisch. Sie sollten in einem künftigen Beruf weder über- noch unterfordert sein. Es gibt auch für die Erwachsenenqualifizierung Beratungsangebote zur Berufswahl. Die Ruhr-Universität Bochum hat einen Online-Berufsfindungstest ins Netz gestellt, der wirklich hilfreich ist. Er dauert rund 2,5 Stunden, doch diese Zeit ist nicht verloren. Wenn Sie in Ihrem gegenwärtigen Beruf unglücklich sind, wird es Zeit, aus dieser Erkenntnis Konsequenzen zu ziehen. Schauen Sie sich nach Alternativen um und “vegetieren“ Sie nicht länger in einem Beruf, mit dem Sie sich niemals anfreunden werden.

Ist ein Berufswechsel nicht riskant?

Sie müssen diesen Schritt natürlich sehr geplant angehen und mit einem gewissen, mehrjährigen Aufwand rechnen, wenn Sie sich umschulen lassen oder gar ein Fernstudium in Angriff nehmen. Behalten Sie daher das Ziel fest im Auge: Sie möchten den Rest Ihres Lebens zufrieden in die Firma fahren und abends heimkommen. Ansonsten landet Ihre Karriere unweigerlich in einer Sackgasse. Ihre persönliche Unzufriedenheit und weitere Probleme werden sich niemals legen. Ein gewisses Risiko könnte beim Berufswechsel darin bestehen, dass Sie den neuen Beruf schließlich auch noch nicht kennen. Zu diesem Zweck bietet sich ein Praktikum an, bei dem Sie vielleicht mehr als oberflächliche Einblicke in den neuen Job erhalten. Dieses will gut organisiert sein: Opfern Sie ruhig eine Woche Urlaub dafür, wenn Sie von der Richtung grundlegend überzeugt sind. Planen Sie außerdem den Übergang in einen anderen Beruf sehr sorgfältig in Bezug auf Ihre finanzielle Situation. Wenn Sie glauben, dass Ihr Plan Hand und Fuß hat, wagen Sie den Sprung ins berühmte kalte Wasser! Einen perfekten Zeitpunkt wird es niemals geben, doch zu langes Warten ist gefährlich, denn Ihre Lebenszeit läuft gegen Sie. Bis zum 30. Lebensjahr ist der Wechsel einfach, bis zum 40. Lebensjahr ohne Weiteres machbar. Danach benötigen Sie sehr viel Kraft, doch unmöglich ist es praktisch nie, Ihrem Schicksal eine neue Richtung zu geben.

Dr. Hans-Peter Luippold

Autor: Dr. Hans-Peter Luippold

Dr. Hans-Peter Luippold studierte Betriebswirtschaft in Freiburg und Köln und sammelte als Führungskraft bei Daimler, Volkswagen, Lufthansa, Wella und Vorwerk Erfahrungen in allen wesentlichen Unternehmensbereichen. Seit April 2000 ist er als Unternehmens- und Personalberater in Frankfurt am Main tätig. Er hält regelmäßig Vorträge und lehrt zu den Themen Erfolg und Karriere. Vernetzen Sie sich mit ihm über Xing und LinkedIn.