Ein neuer Trend macht sich auf TikTok, aber auch in anderen sozialen Medien wie YouTube oder Instagram bemerkbar: Quit-Tok. Meist junge Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die mit ihrem Job und ihrem Arbeitgeber unzufrieden sind, kündigen ihren Job vor laufender Kamera und verbreiten diese Videos über die sozialen Netzwerke. Darunter finden sich Videos mit Titeln wie “Schaut, wie ich meinen Job kündige, ohne zu sagen, dass ich kündige” oder “Wie ich meinem Boss erklärt habe, dass ich meinen Job kündige”. Auf TikTok gibt es eine lange Liste solcher Videos.
Interessanterweise scheinen viele derjenigen, die Quit-Tok betreiben, zur sogenannten Generation Z zu gehören. Damit werden diejenigen bezeichnet, die zwischen den Jahren 1997 und 2012 geboren wurden. Mitglieder der Generation Z legen häufiger Wert auf gemeinsame Zeit mit der Familie und mit Freunden und erwarten flexible Arbeitsbedingungen. Auch haben sie hohe Ansprüche an ihren Job und ihren Vorgesetzten. Werden diese Ansprüche enttäuscht, was nach einer aktuellen Umfrage bei vielen Mitgliedern der Generation Z der Fall ist, neigen sie eher dazu, den Job zu wechseln, um sich eine Alternative zu suchen. Begünstigt wird das durch den noch immer in manchen Branchen bestehenden Fachkräftemangel, der viele Alternativen auf dem Arbeitsmarkt bietet.
Gründe für Quit-Tok
Unzufriedenheit mit dem Arbeitsplatz und dem Chef kann sogar - im Gegensatz zum sogenannten Quiet Quitting - zu einer lautstarken Artikulierung des Missfallens im Zuge der Kündigung führen. Eine extreme Form dessen ist Quit-Tok. Neben der öffentlichen und für alle sichtbaren Kündigung sind oftmals auch Rache-Motive involviert. Dabei wird dem ehemaligen Arbeitgeber ein bestimmtes Fehlverhalten vorgeworfen.
Manche sehen in Quit-Tok auch eine Form der Rebellion gegen als schwierig empfundene Rahmenbedingungen - seien diese finanzieller, politischer oder ökologischer Natur. In diesem Sinne könnten die Videos auch als ein “Aufbegehren gegen das Establishment” angesehen werden.
Konsequenzen von Quit-Tok werden oftmals nicht bedacht
Dabei vergessen die Beteiligten allerdings oftmals, dass ein solches Verhalten negative Konsequenzen für den Arbeitgeber und vor allem für die eigene Karriere haben kann. Denn eines ist klar: Wer sich öffentlich über seinen Arbeitgeber beschwert, nimmt damit in Kauf, dass auch andere Arbeitgeber dies mitbekommen. Viele Unternehmen holen während des Recruiting-Prozesses Online-Informationen über ihre Bewerber ein. Kommt dabei ein Quit-Tok-Video zu Tage, dürfte das die Chancen auf eine Einstellung der Person nicht unbedingt verbessern. Abgesehen davon können auch rechtliche Konsequenzen drohen - etwa dann, wenn unbewiesene Behauptungen und Vorwürfe verbreitet werden, die den Arbeitgeber in Misskredit bringen.
Problematisch an Quit-Tok ist außerdem, dass die Videos immer nur die Arbeitnehmersicht widerspiegeln, ohne dass der Arbeitgeber seine Version der Geschichte erzählen kann.
Gibt es einen Gender-Aspekt bei Quit-Tok?
Auffällig ist, dass die Mehrzahl der Quit-Tok-Videos von weiblichen Personen stammen. Sind diese also besonders unzufrieden - zum Beispiel aufgrund nach wie vor bestehender Gender Pay Gaps oder anderer Formen der Benachteiligung gegenüber ihren männlichen Kollegen? Die Möglichkeit, den eigenen Standpunkt auf einfache Weise zu verbreiten und damit schnell eine große Unterstützung zu erhalten, spielt hier sicherlich eine große Rolle. Aber auch viele männliche Arbeitnehmer erklären per Quit-Tok ihre Kündigung, so dass sicherlich auch andere Beweggründe eine Rolle spielen.
Bewertung
Auch wenn der Trend des Quit-Tok bisher in Deutschland noch wenig verbreitet ist, dürfte es nur eine Frage der Zeit sein, bis solche Videos auch hierzulande verstärkt sichtbar werden. Die öffentliche Kündigung kann eine Möglichkeit darstellen, auf Missstände hinzuweisen und zum Beispiel Probleme wie Sexismus, Diskreminierung oder Gender Pay Gap aufzuzeigen. Allerdings sind damit verschiedene Gefahren und Risiken verbunden. Wer zum Beispiel unbewiesene Vorwürfe öffentlich äußert oder bewusst dem Ansehen seines Arbeitgebers schadet, muss nicht nur mit rechtlichen Konsequenzen rechnen, sondern gefährdet auch die eigene Karriere.
Daher ist es stets zu empfehlen, zunächst das Gespräch mit dem Vorgesetzten zu suchen, um Lösungen und Auswege bei Problemen im Job zu finden. Gelingt dies nicht und scheint eine Kündigung unausweichlich, dann sollte dies mit Höflichkeit und Respekt erfolgen, alleine schon zu dem Zweck, Brücken zu erhalten und einander später noch in die Augen blicken zu können.
Hinzu kommt, dass sich der Arbeitsmarkt schnell wieder verändern kann. Sollte die Arbeitslosigkeit ansteigen, kann es schnell wieder zu einem verstärkten Wettbewerb um Jobs kommen. Diejenigen mit einer von Quit-Tok geprägten Online-Historie dürften spätestens dann Probleme haben, den gewünschten Job zu bekommen.