Mit unserem Leitfaden erfahren Sie, warum Sie kein Jahresgespräch bei Ihrem Chef fürchten müssen und weshalb es eine gute Sache für Sie persönlich, Ihre Karriere und Ihre Zukunft ist.
Was ist ein Jahresgespräch?
Das Jahresgespräch, oder auch Mitarbeitergespräch, ist ein Austausch zwischen Chef und Mitarbeiter über dessen Arbeitsleistung im vergangenen Arbeitsjahr. Oft wird es verwechselt mit einer einseitigen Bewertung. Dabei ist der Zweck eines solchen Gesprächs vielmehr, dass Sie als Arbeitnehmer ihr Standing im Unternehmen besser einschätzen und gleichzeitig Ihre eigenen Ambitionen einbringen können.
Jahresgespräche werden im öffentlichen Dienst, in Großunternehmen und in mittelständischen Unternehmen geführt.
Sind Jahresgespräche verpflichtend?
Tipp: Lassen Sie das Gespräch nicht zu einem einseitigen Monolog werden, sondern bringen Sie sich von Anfang an aktiv mit ein.
Keine Angst vor Kritik: Wie Arbeitnehmer das Jahresgespräch als Chance nutzen können
Versuchen Sie nicht, jeden Kritikpunkt zu kommentieren und mit haltlosen Argumenten zu widerlegen. Bleiben Sie stattdessen ruhig, aufgeschlossen und sachlich. Bringen Sie Ihre eigenen Themen mit ein und formulieren Sie Ihre Eindrücke und Ambitionen. Nutzen Sie dabei am besten Ich-Botschaften. Trauen Sie sich ruhig zu sagen, was Sie stört und was Sie sich für die Zukunft und Ihre Karriere im Unternehmen wünschen würden.
Tipp: Denken Sie daran, dass Sie im Gespräch die ganze Aufmerksamkeit Ihres Vorgesetzten haben. Nutzen Sie diese Gelegenheit und bringen Sie zur Sprache, was Sie sich für sich im Unternehmen vorstellen und wie Ihr Chef Sie dabei unterstützen kann.
Ihre Themen fürs Jahresgespräch können sein:
- Erwartungen an Sie selbst: Haben Sie Ihre eigenen Ziele und die des Unternehmens aus Ihrer Sicht erreicht? Sie möchten sich weiterhin aktiv im Unternehmen einbringen und haben Ideen für die Umsetzung.
- Erwartungen ans Unternehmen: Sie wünschen sich mehr Verantwortung, eine besondere Herausforderung oder zusätzliche Aufgaben.
- Erwartungen an Ihren Chef: Sie wünschen sich mehr Struktur, mehr Transparenz und mehr Präsens.
- Veränderung und Verbesserung: Mit was waren Sie unzufrieden? Was ist Ihnen sehr gut gelungen?
- Persönliche und berufliche Entwicklung: Sie wünschen sich Weiterbildung und wollen Ihre Karriere vorantreiben.
- Und alle sonstigen Themen, die mit Ihrer Arbeitsleistung und Ihrer Rolle im Unternehmen zusammenhängen. Familiäre oder persönliche Themen hingegen haben nichts im Jahresgespräch verloren. Äußern Sie sich auch nicht negativ über andere Kollegen
Tabuthema: Gehalt
Gehaltswünsche haben im Jahresgespräch nichts zu suchen. Der ideale Zeitpunkt für Gehaltsverhandlungen ist nach einem erfolgreich abgeschlossenen Projekt, dauerhaft herausragenden Leistungen oder nach langjähriger Betriebszugehörigkeit (sofern es die Regelungen Ihres Arbeitsvertrages zulassen). Bitten Sie lieber um einen extra Termin, wenn Sie über eine Gehaltserhöhung sprechen wollen.
Empfehlungen für eine gute Vorbereitung
Es ist nicht immer leicht, mit Kritik umzugehen und genauso schwer ist es, konstruktiv und sachlich zu kritisieren. Deshalb gilt: Üben Sie sich in Selbstkritik. Reflektieren Sie ihre erbrachten Arbeitsleistungen und auch Ihr Verhalten gegenüber Kollegen und Vorgesetzten. So schaffen Sie eine solide und neutrale Basis für Ihr Jahresgespräch.
Starten Sie mit Ihrer Vorbereitung am besten schon direkt nach Ihrem Jahresgespräch oder bei Ihrer Einstellung. Notieren Sie sich, welche Aufgaben Sie übernommen haben, welche herausragenden Leistungen Sie fürs Unternehmen erbracht haben, was sie besonders herausfordernd fanden und wie Sie Ihre Rolle als Mitarbeiter in Ihrem Team oder generell im Betrieb sehen. Untermalen können Sie Sie Ihre Aussagen mit Daten, Zahlen, Fakten oder stichhaltige Argumente kommen immer gut. Nicht nur reden, sondern Erfolge auch möglichst beweisen.
Tipp: Viele Unternehmen haben für Führungskräfte und Mitarbeiter konkrete Vorgaben erstellt, wie ihre Jahresgespräche verlaufen sollen. Schauen Sie sich den firmeneigenen Leitfaden an, wenn es einen solchen gibt. Gerade in Fällen von Uneinigkeit oder in problembeladenen Verhältnissen zum unmittelbaren Vorgesetzten kann das helfen. Sie können bei Bedarf dann auf diesen Leitfaden verweisen und sich darauf beziehen, sollte das Gespräch in eine emotionale Diskussion kippen.
>Stichwort: Selbsteinschätzung
Stellen Sie sich selbst die Frage, was Ihnen gut gelungen ist und was Ihnen weniger gut gelungen ist? Versuchen Sie, bevor Sie in Ihr Jahresgespräch gehen, sich selbst einzuschätzen und nüchtern zu bewerten.
Wie steht es mit Ihrer Kritikfähigkeit, Ihrer Lernfähigkeit und Ihrer Teamfähigkeit? Welche Noten würden Sie sich selbst dafür geben? Seien Sie ehrlich mit sich selbst oder fragen Sie vielleicht auch den ein oder anderen Kollegen.
>Stichwort: Blick zurück
Was ist alles in Ihrem letzten Arbeitsjahr passiert? Konnten Sie die Vereinbarungen des letzten Jahresgespräches einhalten und haben Sie alle Ziele erreichen können? Analysieren Sie Ihr Arbeitsjahr und lassen es Revue passieren. Was konnten Sie für sich umsetzen und erreichen und was bedeutet das fürs Unternehmen? Konnten Sie bestimmte Projekte oder Sonderaufgaben erfolgreich durchführen? Haben Sie längere Vertretungen übernommen oder zusätzliche Aufträge angenommen? Sind Sie an einer Aufgabe gescheitert oder konnten etwas nicht gänzlich zu Ende bringen?
>Stichwort: Perspektiven
Machen Sie sich auch Gedanken über Ihre neuen Ziele. Wohin soll die Reise gehen? Sind Sie zufrieden mit dem aktuellen Stand oder wollen Sie weiter vorankommen? Machen Sie selbst auch Vorschläge für Ihre berufliche Weiterentwicklung. Streben Sie für Ihre Karriere eine Fortbildung, oder Personalentwicklung an? Was wollen Sie für sich und die Firma erreichen?
Der Gesprächsablauf: Worauf es ankommt
Vorbereitung ist alles. Machen Sie sich deshalb bereits im Vorfeld Notizen. Lassen Sie das Jahresgespräch nicht einfach so auf sich zukommen.
Fragen Sie nach, wenn Sie Aussagen Ihrer Führungskraft nicht nachvollziehen können und verlangen Sie konkrete Beispiele für Kritik, die Ihnen möglicherweise nicht gerechtfertigt scheint.
Bringen Sie eigene Ideen, Wünsche und Verbesserungsvorschläge mit ins Jahresgespräch ein. Seien Sie aktiver Gesprächspartner, nicht schweigender Zuhörer.
Wie Sie sich angemessen beim Gespräch verhalten
Nicht alles, was Ihr Chef sagt, muss übereinstimmen mit Ihren eigenen Eindrücken oder Ihrer Selbsteinschätzung. Bleiben Sie trotzdem cool, respektvoll und sachlich. Sie müssen natürlich nicht alles akzeptieren, sollten aber auch nicht zu hartnäckig auf Ihren Standpunkt beharren. Oft kann so ein Verhalten als nicht kritikfähig ausgelegt werden. Zeigen Sie sich lieber diplomatisch und widerlegen die Kritik mit stichhaltigen Argumenten.
Seien Sie immer offen gegenüber kritischen Äußerungen, Anregungen und Vorschlägen. Versuchen Sie, nicht allzu emotional zu reagieren, wenn Sie mit der Bewertung nicht einverstanden sind. Geben Sie auch selbst ein Feedback an Ihren Vorgesetzten, wenn es angebracht ist. Was gefällt Ihnen zum Beispiel besonders in der Zusammenarbeit mit ihm oder was schätzen Sie am meisten unter seiner Leitung?
Nicht vergessen: Das Protokoll
Denken Sie daran: Nach dem Jahresgespräch ist vor dem Jahresgespräch. Deswegen sollte alles Besprochene in einem Protokoll verschriftlicht werden. So können beide Beteiligten beim nächsten Jahresgespräch unmittelbar daran anknüpfen. Mit einem Protokoll werden getroffene Vereinbarungen festgehalten und es wird Verbindlichkeit für beide Parteien hergestellt.
Fazit: Feedback ist ein Geschenk!
Das Jahresgespräch ist nicht nur eine Beurteilung des Arbeitnehmers, sondern auch eine Bestandsaufnahme von Erwartungen und Geleistetem. Im Idealfall ergänzen sich beide Faktoren. Sehen Sie das Jahresgespräch nie als bloße Beurteilung Ihrer Person, sondern als Gelegenheit, sich zu positionieren. Zudem haben Sie als Arbeitnehmer das Recht darauf, ihre Leistung konstruktiv und professionell bewerten zu lassen. Denken Sie daran: Jede Form von Feedback ist ein Geschenk für Sie. Nehmen Sie das Geschenk an und gehen Sie mit Ihrem Chef ruhig auch in einen Dialog. Dann wird es eine Bereicherung für Ihre berufliche Laufbahn sein.