Quiet Firing: das Wichtigste in Kürze
- Von Quiet Firing spricht man, wenn Angestellte durch Schikanen gezielt dazu bewegt werden, ihren Arbeitsplatz von sich aus zu kündigen.
- Oftmals ist das ein Zeichen von Führungsschwäche des Chefs.
- Mitarbeiter können sich sich gegen Quiet Firing wehren, sollten aber zunächst das offene Gespräch suchen.
- Quiet Firing kann dem gesamten Unternehmen erheblichen Schaden zufügen.
Was ist Quiet Firing und wie unterscheidet es sich von traditionellen Entlassungen?
Wenn sich Vorgesetzte eines unliebsamen Mitarbeiters entledigen möchten, ihnen dazu aber die arbeitsrechtliche Handhabe fehlt, greifen sie manchmal zum sogenannten Quiet Firing. Dieser Begriff ist in der Arbeitswelt noch recht neu und kann als Trend bezeichnet werden. Dabei handelt es sich lediglich um einen anderen Namen für ein bekanntes Phänomen. Oft wird Quiet Firing auch mit "stille Kündigung" übersetzt, wobei dieser Begriff das Problem nur unzureichend beschreibt.
Quiet Firing beschreibt langfristig angelegte Verhaltensmuster von Vorgesetzten mit dem Ziel, Mitarbeitende zu demotivieren und sie dazu zu bewegen, von sich aus das Arbeitsverhältnis zu kündigen. Statt des aus dem Angelsächsischen Begriffs “Quiet Firing” kann man auch einfach vom Schikanieren durch den Vorgesetzten sprechen.
Was ist der Unterschied zwischen Quiet Firing und Quiet Quitting?
Beim Quiet Firing geht die Initiative vom Vorgesetzten aus. Ziel der Methode ist es, den Arbeitnehmer zum Kündigen zu bewegen. Beim Quiet Quitting hingegen wird das Handeln vom Mitarbeiter bestimmt. Er arbeitet nicht mehr als nötig (Dienst nach Vorschrift) und gerade noch so viel, um den Job behalten zu können. Oftmals ist das eine Vorstufe zu einem Jobwechsel.
Welche Anzeichen und Symptome deuten darauf hin, dass ein Mitarbeiter einem Quiet Firing ausgesetzt ist?
Quiet Firing findet meist subtil statt und überschreitet nicht die Grenze zum Mobbing bzw. zum Bossing. Während Mobbing und Bossing rechtlich angreifbar sind, ist das beim Quiet Firing in der Regel nicht der Fall. Typische Verhaltensmuster beim Quiet Firing sind:
- Häufige Konflikgespräche
- Entzug von Verantwortung und Zuständigkeiten
- Keine Entwicklungsmöglichkeiten bieten
- Offen kommunizierte, oftmals ungerechtfertigte Kritik
- Zuweisen von Aufgaben, die nicht ins Stellenprofil passen
- Übergehen bei Beförderungen und Gehaltserhöhungen
- Generell plötzlich verändertes Verhalten der Führungskraft im persönlichen Umgang
Diese und ähnliche Erfahrungen sind ein Zeichen dafür, dass man als Mitarbeiter von Quiet Firing betroffen sein könnte.
Gibt es Vorstufen für Quiet Firing?
Meist haben die Verhaltensmuster des Quiet Firing eine Vorgeschichte. So kann es zum Beispiel über längere Zeit zu einer schlechteren Kommunikation zwischen Mitarbeiter und Vorgesetzten kommen.
Auch bestimmte Ereignisse im Verhältnis zwischen Mitarbeiter und Führungskraft wie zum Beispiel ein schlecht gelaufenes Projekt oder ein aus dem Ruder gelaufenes Mitarbeitergespräch können die Grundlage für Quiet Firing darstellen.
Wenn der Chef den Konflikt scheut
Doch auch ganz plötzlich kann es zu Quiet Firing kommen. Dann vermeidet der Chef plötzlich Augenkontakt und schreibt auf einmal viele Mails, in denen der Mitarbeiter kritisiert wird.
Das sind häufig Symptome eines Chefs, der eine direkte Konfrontation mit dem Mitarbeiter scheut. Anstatt ihm offen ins Gesicht zu sagen, dass er nicht mehr gebraucht wird und er deshalb seine Kündigung erhält, hofft die Führungskraft, auf diese Weise seinen Mitarbeiter auch ohne direkte Auseinandersetzung mit diesem loszuwerden.
Welche Gründe haben Unternehmen, Quiet Firing anstelle einer direkten Entlassung anzuwenden?
Der im deutschen Arbeitsrecht verankerte Kündigungsschutz ist sehr umfassend und setzt vor die Beendigung des Arbeitsverhältnisses hohe Hürden. Es genügt zum Beispiel als Grundlage für eine Entlassung nicht, wenn ein Vorgesetzter einen Mitarbeiter nicht mag oder mit seinen Leistungen unzufrieden ist.
Wird ein Mitarbeiter ohne ausreichenden Grund entlassen, drohen dem Arbeitgeber ein arbeitsrechtliches Verfahren und hohe Abfindungszahlungen.
Das möchten manche Arbeitgeber vermeiden und setzen daher darauf, dass unliebsame Mitarbeiter von sich aus kündigen. Zu diesem Zweck nutzen sie Techniken des Quiet Firing.
Welche rechtlichen und persönlichen Implikationen sind mit Quiet Firing verbunden?
Für Mitarbeiter ist Quiet Firing besonders problematisch, weil die angewandten Techniken meist sehr subtil angewandt werden und nicht gegen geltendes Recht verstoßen. So kann zum Beispiel ein wöchentliches Kritikgespräch vom Vorgesetzten durchaus mit einer engmaschigen Steuerung des Mitarbeiters begründet werden. Auch das offene Aussprechen von Kritik durch den Chef ist rechtlich kaum anstößig, solange dabei keine unbegründeten und nicht nachweisbaren Vorwürfe geäußert werden.
Für den betreffenden Mitarbeiter sind diese Dinge dennoch sehr unangenehm und können sich negativ auswirken - von einer gesunkenen Motivation bis hin zu einem Burnout.
Einige Symptome der von Quiet Firing Betroffenen sind:
- Stressbedingte Beschwerden wie Schlaflosigkeit, Appetitlosigkeit
- Verlust von Selbstvertrauen
- Nachlassen von Motivation
- Weniger Lebensfreude
Wie können Mitarbeiter sich gegen Quiet Firing wehren oder davor schützen?
Situationsanalyse: Was passiert hier gerade?
Vor dem Ergreifen von Maßnahmen sollte man sich als Mitarbeiter zunächst in Ruhe mit der Situation beschäftigen und sich die Frage stellen: “Bezieht sich das alles wirklich nur auf mich, oder hat das vielleicht andere Gründe wie zum Beispiel einen breiten Strukturwandel im Unternehmen?”
Dokumentieren der Vorgänge
Wichtig in diesem Zusammenhang ist auch die Dokumentation des mutmaßlichen Quiet Firings: Es kann bei späteren Diskussionen und Auseinandersetzungen helfen, die fraglichen Ereignisse in Form eines Logbuchs oder Tagebuchs vorlegen zu können. Zusätzlich sollten wichtige Dokumente wie zum Beispiel E-Mails des Chefs nicht nur gespeichert, sondern auch ausgedruckt werden, um mögliche Beweise zu sichern.
Offenes Gespräch mit dem Chef suchen
Wenn man sich als Mitarbeiter von Quiet Firing betroffen fühlt, sollte man das Gespräch mit der Führungskraft suchen. Im Gespräch kann man zum Beispiel ausdrücken, wie sehr man den Job schätzt, dass man aber das Gefühl hat, irgendetwas stimme nicht.
Eigene Leistungen aufzeigen
Was ebenfalls hilfreich sein kann, ist, eine Liste in Form einer Tabelle mit drei Spalten zu erstellen. In die erste Spalte schreibt man alle Aufgaben, die man gemäß des aktuellen Jobprofils zu erledigen hat. In die zweite Spalte kommen die Aufgaben, die man tatsächlich übernimmt und außerdem die zusätzlich übernommenen Tätigkeiten. Und in die dritte Spalte werden die Aufgaben geschrieben, die man bei entsprechender Umverteilung der Zeit übernehmen könnte.
Eine solche Liste kann dem Vorgesetzten den erbrachten Mehrwert zeigen, den man als Mitarbeiter schafft, denn oftmals ist dem Chef gar nicht klar, welche Leistungen ihre Mitarbeiter tagtäglich erbringen.
Weitere Möglichkeiten, mit Quiet Firing umzugehen
Wenn das Gespräch mit dem Vorgesetzten nicht den gewünschten Erfolg bringt, bleiben Arbeitnehmern verschiedene Alternativen:
- Das Gespräch mit dem Betriebsrat oder Personalrat suchen
- Sich intern auf eine andere Stelle bewerben
- Einen neuen Job bei einem anderen Unternehmen suchen
- Versuchen, die Situation auszusitzen
- Sich Rückhalt bei Kolleginnen und Kollegen suchen und als Team auf den Vorgesetzten einwirken
- Gemeinsam mit der HR-Abteilung eine Lösung suchen. Diese kann auch in einem Aufhebungsvertrag bestehen.
Wenn der Vorgesetzte gegen das Arbeitsrecht verstößt, etwa durch eine nicht zulässige Versetzung oder die Verweigerung einer allgemeinen Gehaltserhöhung, sollte der Rat eines Fachanwalts für Arbeitsrecht eingeholt werden.
Weitere Tipps und Ratschläge für Opfer von Quiet Firing erhalten Betroffene auch bei Gewerkschaften und Vereine, die sich dem Schutz der Arbeitnehmerrechte verschrieben haben.
Welche Auswirkungen hat Quiet Firing auf das Unternehmen?
Nicht nur für die betreffenden Mitarbeiter, sondern für das Team bis hin zum gesamten Unternehmen kann Quiet Firing negative Konsequenzen haben. Wenn andere Mitarbeiter mitbekommen, wie ihr Kollege oder ihre Kollegin grundlos kritisiert wird, dann leiden darunter die Stimmung und die Arbeitsmoral. Die Folgen sind eine erhöhte Fluktuation und sinkende Produktivität.
Unternehmen müssen außerdem bedenken, dass Mitarbeiter, die von Quiet Firing betroffen sind, darüber berichten können - zum Beispiel als Workfluencer. Das kann die Attraktivität des Unternehmens als Arbeitgeber beeinträchtigen und das Recruiting neuer Mitarbeiter deutlich erschweren, was in Zeiten hohen Fachkräftemangels ein großes Risiko darstellt.
Wie können Unternehmen vermeiden, dass Quiet Firing zur gängigen Praxis wird?
Beim Vermeiden von Quiet Firing hilft vor allem eine offene Unternehmenskultur, in der Mitarbeiter und Führungskräfte den benötigten Rahmen vorfinden, um Probleme offen aussprechen zu können. Diese Unternehmenskultur muss gelebt und gefördert werden. Wichtig dabei ist, dass das Top-Management und alle Führungskräfte als Vorbilder dienen und zum Beispiel stets ein offenes Ohr für die Belange ihrer Mitarbeiter haben.
Unternehmen und deren Führungskräfte sollten ihren Mitarbeitern Wertschätzung für die erbrachten Leistungen entgegenbringen und diese entsprechend honorieren.
Regelmäßige Coachings und Weiterbildungen können Führungskräfte für mögliche Probleme sensibilisieren, so dass es gar nicht erst zu Verhaltensweisen im Rahmen von Quiet Firing kommen kann.