Was sind Young Professionals?

Was sind Young Professionals?

Berufsleben | 18.02.2024

Der Begriff “Young Professional” ist in Stellenausschreibungen und auch in Studien zum Arbeitsmarkt immer wieder zu lesen. Absolventen streben diesen Status an, Unternehmen möchten diese Berufstätigen sehr gern einstellen. Doch was sind sie, was macht sie so besonders? Erfahren Sie in diesem Beitrag alles zur Begrifflichkeit und zu den Anforderungen, um dementsprechend eingeordnet zu werden.

Young Professionals sind derzeit in aller Munde. Kaum eine Stellenanzeige oder ein Bericht zum Fachkräftemangel kommt ohne diesen Begriff aus. Doch was genau sind Young Professionals? Welche Eigenschaften zeichnen sie aus und welche Anforderungen müssen sie erfüllen?

In diesem Beitrag werden wir der Frage nachgehen, wie Young Professionals definiert werden können und was ihre besonderen Merkmale sind. Wir betrachten, welche Erwartungen Unternehmen an diese Nachwuchskräfte haben und was die Young Professionals ihrerseits von ihren Arbeitgebern erwarten. Es wird deutlich, dass es eine Art Geben und Nehmen zwischen diesen beiden Parteien gibt. Schließlich werfen wir noch einen kritischen Blick auf mögliche Schattenseiten des Young Professional-Konzepts.

Young Professionals: Definition und Charakteristika

Eine eindeutige und allgemeingültige Definition des Begriffs "Young Professional" existiert bislang nicht. Grundsätzlich lassen sich jedoch zwei zentrale Merkmale identifizieren, die Young Professionals kennzeichnen:

Erstens sind es berufstätige Akademikerinnen und Akademiker kurz nach ihrem Studienabschluss. Typischerweise werden Personen bis 30 Jahre als Young Professionals bezeichnet. Sie haben also einen Hochschulabschluss wie Bachelor, Master oder Diplom vorzuweisen und sammeln erste Berufserfahrungen.

Zweitens zeichnen sich Young Professionals durch ein hohes Entwicklungs- und Karrierepotenzial aus. Sie gelten als besonders motiviert, ehrgeizig und talentiert. Man erwartet von ihnen, dass sie in kurzer Zeit eine steile Karriere durchlaufen können und schon nach wenigen Jahren anspruchsvolle Führungspositionen übernehmen werden. Sie sollen die künftigen CEOs, Bereichsleiter und Vorstände in den Unternehmen sein.

Diese Kombination aus akademischer Ausbildung, ersten praktischen Erfahrungen und vermutetem Spitzenpotenzial ist es, die Young Professionals so attraktiv für Arbeitgeber macht. Sie verkörpern gewissermaßen die optimale Mischung: junge, hochqualifizierte Nachwuchskräfte mit der Ambition, schnell große Verantwortung zu übernehmen.

Die Bezeichnung Young Professional impliziert aber nicht nur Potenzial, sondern auch bestimmte Erwartungshaltungen seitens der Unternehmen. Young Professionals müssen kontinuierlich ihre Karriereorientierung und Leistungsfähigkeit unter Beweis stellen. Zugleich sind sie allerdings auf interessante Entwicklungsmöglichkeiten und angemessene Vergütungen seitens ihrer Arbeitgeber angewiesen. Dieser wechselseitige Anspruch prägt die Dynamik zwischen Young Professionals und Unternehmen.

Was macht den Young Professional aus?

Branchenübergreifend lassen sich einige essenzielle Eigenschaften von Young Professionals ausmachen. Dazu zählen:

  • Notendurchschnitt: Zumindest beim Studienabschluss glänzen die Absolventen ungemein. Sie haben mindestens überdurchschnittliche Noten, in einigen Fällen können sie sehr viele Einser vorweisen. Manche Unternehmen bezeichnen als Young Professionals nur diejenigen Absolventen mit etwas Berufspraxis, die zu den fünf bis zehn besten Prozent ihres Jahrgangs zählen.
  • Auslandsaufenthalt: Die Professionalität und den Horizont fördert ein Auslandsaufenthalt, Young Professionals sollten ihn auf jeden Fall absolviert haben. Er gilt in inzwischen als grundlegende Voraussetzung für einen Spitzenjob. Im Ausland können die Hochschulabsolventen gearbeitet oder studiert haben, das spielt kaum eine Rolle. Die Hauptsache ist, dass sie Sprachkenntnisse vertieft und interkulturelle Kompetenzen erworben haben.
  • Sprachkenntnisse: Diese sind nochmals ein Punkt für sich. Deutsch und Englisch auch auf Fachebene fließend zu beherrschen gilt heute als absoluter Standard, doch das reicht vielen Unternehmen längst nicht mehr aus. Sie agieren international und benötigen Führungskräfte, die sich auch auf Französisch, Spanisch, Russisch oder Chinesisch unterhalten können. Eine dieser Sprachen auf Business-Ebene wäre ein wertvoller Bonus. Wenn eine etwas seltenere Sprache hinzukommt, gilt das als besonders vorteilhaft und kann ungeahnte Karrierechancen eröffnen.
  • Berufserfahrungen und Praktika: Young Professionals heißen diese jungen Berufstätigen wegen ihrer Berufserfahrung. Gute Noten allein genügen nicht, es sollte Arbeitserfahrung vorhanden sein. Als Mindestanforderung gelten drei Praktika bei jeweils renommierten Unternehmen über bis zu sechs Monate. Dabei sollten Young Professionals Aufgaben bewältigt haben, die ihr Potenzial voll forderten, was aus dem Praktikumszeugnis hervorgeht. Studienbegleitende Jobs und Beschäftigungen unmittelbar nach dem Abschluss gelten ebenfalls als sehr wertvoll.
  • Soft Skills: Auch mit großer Persönlichkeit, nämlich Kompetenz gepaart mit Bescheidenheit, können Young Professionals punkten. Der überzeugende Charakter wird von den Personalchefs besonders intensiv durchleuchtet, weil so junge Menschen naturgemäß charakterlich noch nicht besonders gefestigt sein können. Arrogante Spinner und sich elitär gebärdende Größenwahnsinnige kann aber kein Unternehmen gebrauchen. Dabei steht auch das Freizeitverhalten auf dem Prüfstand. Young Professionals treiben etwas Sport, pflegen vielleicht ein, zwei interessante Hobbys, sind aber nicht als Partygänger bekannt und halten sich von Alkohol und sonstigen Drogen fern. Stattdessen überzeugen sie täglich mit Ehrgeiz, Teamfähigkeit, Überzeugungskraft, Empathie und Lernvermögen.

Was erwartet das Unternehmen vom Young Professional?

  • Überdurchschnittliches Engagement und Leistungsbereitschaft sind eine Grundvoraussetzung, die das Unternehmen von Young Professionals erwartet. Die Messlatte liegt hoch, Minimalanforderungen zu erfüllen reicht nicht aus.
  • Insbesondere in den ersten Monaten sollten Young Professionals mit Spitzenleistungen glänzen und sich bestmöglich im Unternehmen integrieren. Sie müssen beweisen, dass sie eine Bereicherung für ihr Team und die Firma insgesamt sind.
  • Dabei kommt es auch auf Soft Skills an: Young Professionals sollten sich aktiv vernetzen, auf Kollegen zugehen und gute Beziehungen aufbauen. Politisches Gespür und Durchsetzungsvermögen sind ebenfalls hilfreich.
  • Darüber hinaus erwarten Unternehmen, dass Young Professionals die Firmenkultur und -strukturen schnell verinnerlichen und ihre Aufgaben proaktiv angehen. Sie sollten erkennen, wo sie den größten Mehrwert generieren und Verbesserungspotenziale ausschöpfen können. Ihre Leistung muss messbar positiven Einfluss haben.
  • Nicht zuletzt müssen Young Professionals auch zeigen, dass sie mittel- bis langfristig Führungsverantwortung übernehmen können und wollen. Sie sollten Lernbereitschaft und Entwicklungspotenzial beweisen - etwa durch die Teilnahme an Weiterbildungen oder Mentoring-Programmen.
  • Das Unternehmen möchte Young Professionals gezielt für künftige Führungspositionen aufbauen.


Bei all diesen Anforderungen sollten Unternehmen allerdings realistisch bleiben: Young Professionals können meist keine Wunder vollbringen und brauchen auch gewisse Freiräume. Eine gesunde Balance zwischen "Fordern und Fördern" ist entscheidend, um das Potenzial von Young Professionals optimal zu nutzen.

Was erwarten Young Professionals von ihren Unternehmen?

Young Professionals suchen sich potenzielle Arbeitgeber sehr genau aus. Sie kennen ihren Marktwert und wechseln schnell wieder, wenn sich ein Unternehmen als wenig attraktiv oder zukunftsorientiert erweist.

Konkret haben Young Professionals verschiedene Erwartungen an ihren Arbeitgeber:

  • Gute Entlohnung und Benefits: Da Young Professionals überdurchschnittlich qualifiziert sind, erwarten sie ein ihrer Leistung angemessenes Gehalt sowie Zusatzleistungen wie Firmenwagen oder Aktienoptionen.
  • Herausfordernde Aufgaben: Um sich weiterentwickeln zu können, möchten Young Professionals an innovativen, verantwortungsvollen Projekten arbeiten. Routinearbeiten entsprechen nicht ihren Ansprüchen.
  • Karriere- und Weiterbildungsmöglichkeiten: Potenzial zur Übernahme von Führungspositionen in überschaubarer Zeit sowie interne und externe Weiterbildungsangebote sind essenziell.
  • Modernes Arbeitsumfeld: Ein innovatives, dynamisches Umfeld mit flachen Hierarchien und agilen Arbeitsmethoden spricht Young Professionals besonders an.
  • Work-Life-Balance: Trotz Ehrgeiz wünschen sich Young Professionals eine ausgewogene Balance zwischen Job und Privatleben. Flexibilität ist ihnen wichtig.
  • Diversität und Zugehörigkeitsgefühl: Young Professionals legen zunehmend Wert auf Diversität und Inklusion. Sie möchten an ihrem Arbeitsplatz ein Zugehörigkeitsgefühl entwickeln können.


Können Unternehmen diese Erwartungshaltung nicht erfüllen, werden sie es schwer haben, talentierte Young Professionals zu halten und zu fördern.

Mögliche Schattenseiten des Young Professional-Konzepts


Das Konzept der Young Professionals und die damit verbundenen Erwartungshaltungen bergen auch einige Schattenseiten und potenzielle Nachteile:

Zum einen besteht die Gefahr der Überforderung und Selbstausbeutung. Der enorme Leistungsdruck und die schnellen Karriereschritte, die Young Professionals absolvieren sollen, gehen oft mit extremen Arbeitszeiten und Arbeitsbelastungen einher. Nicht jeder hält dieses Tempo lange durch. Das kann zu Frustration, Burnout oder Resignation führen und der gewünschten Performance entgegenstehen.

Des Weiteren fördert der Fokus auf elitäre High Potentials mit perfekten Voraussetzungen gewisse Homogenität und Monokultur. Alternative Karrierewege, Quereinsteiger und weniger primär karriereorientierte junge Arbeitskräfte haben es schwerer, wertgeschätzt zu werden. Dies kann negativ für Diversität und Kreativität im Unternehmen sein.

Schließlich bergen hohe Erwartungen auch Enttäuschungsrisiken auf beiden Seiten. Sowohl Young Professionals als auch Unternehmen müssen erkennen, dass die jeweils andere Seite die Wünsche nicht immer voll erfüllen kann. Eine realistische Einschätzung der wechselseitigen Möglichkeiten ist wichtig.

Eine Kultur der permanenten Optimierung und Höchstleistung hat also durchaus ihre Tücken. Ein gesundes Augenmaß und eine gewisse Balance sollten auch beim Young Professional-Konzept nicht fehlen.

Fazit

Young Professionals sind ohne Zweifel extrem leistungsorientierte und ehrgeizige Berufsanfänger mit exzellenten Qualifikationen. Sie bringen Unternehmen große Innovationskraft und Dynamik. Allerdings sind auch die Erwartungen auf beiden Seiten sehr hoch.

Um die Potenziale von Young Professionals bestmöglich freizusetzen, braucht es Augenmaß und eine gesunde Balance. Die Entwicklungsmöglichkeiten und der Handlungsspielraum dürfen nicht zu stark eingeschränkt werden. Auch die Vereinbarkeit mit dem Privatleben spielt für viele Young Professionals eine wichtige Rolle.

Wenn es gelingt, die gegenseitigen Ansprüche in ein ausgewogenes Verhältnis zu setzen, können Young Professionals für Unternehmen ein großer Gewinn sein. Sie sind die Führungskräfte und Entscheidungsträger von morgen und bringen frischen Wind in so manche festgefahrene Struktur. Die Kunst besteht darin, diesen Spagat konstruktiv zu moderieren.

 

Dr. Hans-Peter Luippold

Autor: Dr. Hans-Peter Luippold

Dr. Hans-Peter Luippold studierte Betriebswirtschaft in Freiburg und Köln und sammelte als Führungskraft bei Daimler, Volkswagen, Lufthansa, Wella und Vorwerk Erfahrungen in allen wesentlichen Unternehmensbereichen. Seit April 2000 ist er als Unternehmens- und Personalberater in Frankfurt am Main tätig. Er hält regelmäßig Vorträge und lehrt zu den Themen Erfolg und Karriere. Vernetzen Sie sich mit ihm über Xing und LinkedIn.

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